Wie wäscht man heute in den Genossenschaftssiedlungen?
Vom eigenen Waschturm bis zum Waschsalon mit Aussicht
Früher war sie Standard, heute hat sie vielerorts ausgesorgt: die enge, düstere Waschküche im Keller. Die Alternativen sind vielfältig, wie eine Umfrage bei verschiedenen Wohnbaugenossenschaften zeigt. Während die einen auf den eigenen Waschturm setzen, wollen andere das Waschen mit Gemeinschaftlichkeit verknüpfen. Doch die Erwartungen erfüllen sich nicht immer.
Von Thomas Bürgisser | Bilder: Andreas Mader, Martin Bichsel, zVg | März 2021
Von aussen unterscheiden sich die beiden Siedlungsteile der Überbauung Klee in Zürich Affoltern nicht. Anders im Innern. Dort verfügen die 173 Wohnungen der Baugenossenschaft Hagenbrünneli über einen Waschturm. Präsident Marcus Fauster: «Wir hatten andernorts mit Waschküchen immer mal wieder Konflikte, weshalb wir uns 2011 für diese Lösung entschieden haben. Ausserdem setzte unsere Genossenschaft allgemein auf einen tendenziell höheren Ausbaustandard. Und im Falle der Siedlung Klee war es auch ein Unterscheidungsmerkmal.» Tatsächlich teilen sich bei den anderen Wohnungen, jenen der Gemeinnützigen Bau- und Mietergenossenschaft Zürich (GBMZ), jeweils 14 bis 21 Parteien einen Waschsalon mit drei bis vier Waschmaschinen, ein bis zwei Tumblern sowie zwei bis drei Trocknungsräumen mit Secomat. GBMZ-Geschäftsleiter Matthias Lüthi: «Bei unseren neueren Siedlungen haben wir in den Wohnungen ein Maschinenverbot und bieten ausschliesslich Waschsalons – aus ökologischen, finanziellen, aber auch genossenschaftlichen Überlegungen. Ein Waschsalon ist immer auch ein Begegnungsort.»
Eigener Waschturm im Keller
Das Beispiel zeigt: Wenn es um Waschlösungen geht, verfolgen Baugenossenschaften unterschiedliche Strategien. Vielerorts ausgedient hat die kleine Waschküche im Keller. Die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ) etwa versucht, im Rahmen von Renovationen Waschküchen im Untergeschoss zumindest grosszügiger zu gestalten. Bei Neubauten wiederum schaut man darauf, dass Waschsalons gut und hell liegen, beispielsweise im Erdgeschoss. Von Begegnungsräumen mag Kommunikationsleiter Ariel Leuenberger zwar nicht sprechen: «Aber wir wirken damit einer gewissen Anonymität entgegen. Dazu gehört auch, dass die Genossenschafter ihren Waschplan selber erarbeiten.» Waschtürme in den Wohnungen würden nur ungern erlaubt, mancherorts sorge stattdessen eine nicht reservierbare Joker-Maschine für zusätzliche Flexibilität.
Auch bei der Gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft Winterthur (GWG) ist man darauf bedacht, die bestehenden Waschküchen möglichst aufzurüsten. Je nach Wohnung dürfen sich Genossenschafter auf Antrag aber auch einen eigenen Waschturm kaufen. In den neuen ländlicheren Siedlungen wiederum wird der Waschturm direkt zur Verfügung gestellt, anstelle einer Waschküche. «Hier ist das eine Frage der Vermietbarkeit», stellt Präsidentin Doris Sutter fest. Roger Gfeller, Technischer Verwalter der Vitasana Baugenossenschaft in Zürich, sieht beim eigenen Waschturm zusätzlich den Vorteil der wegfallenden Konflikte: «Sauberkeit, Dauerbelegungen und Terminkollisionen sind sonst ständige Streitthemen.» Anstelle der Wohnungslösung setzt die Vitasana aber auf ein persönliches Waschabteil im Keller mit Waschturm und etwas Platz für einen Wäscheständer. «Ausser den Kellerräumen kann dann zwar nicht mehr viel Zusätzliches im Untergeschoss realisiert werden. Aber die Genossenschafter sind glücklich, haben mehr Platz sowie weniger Staub und Lärm in der Wohnung. Und wir riskieren weder Wasserschäden noch Konflikte.»
Nähatelier und Bügelstation
Mit dem persönlichen Waschabteil im Keller hat auch die Heimstätten-Genossenschaft Winterthur (HGW) gute Erfahrungen gemacht. «Es entstehen weniger Lärmbelastungen im Vergleich zum Waschturm in den Wohnungen, wie wir es ebenfalls in einer Siedlung haben», so Geschäftsführer Martin Schmidli. In den letzten Jahren fand die HGW trotzdem wieder zur Waschküche zurück, grundsätzlich ohne die Alternative eines Anschlusses in der Wohnung. «Wir haben einfach gemerkt, dass sonst der Gemeinschaftsgedanke schon etwas verloren geht.» Noch aber ist man nicht am Ziel. Zurzeit sind alle Waschküchen im Keller untergebracht. «Um den Austausch zu fördern, müssen wir bezüglich Lage und Ausstattung wohl noch weiterdenken. Und vielleicht lassen sich mit einer freundlicheren Atmosphäre auch Konflikte mindern.»
Einen ersten Versuch hat die HGW zusammen mit ihren Partnergenossenschaften Waldheim, Gaiwo und GWG im Grüzefeld unternommen: Um Engpässe in den bestehenden Waschküchen der 60er-Jahre zu überbrücken, wurde ein oberirdischer Gemeinschaftsraum zum Waschsalon umfunktioniert, mit vier Waschmaschinen und Tumblern. Ohne Reservierungsmöglichkeit, dafür mit Nähatelier und Bügelstation. Das Interesse aber sei überraschenderweise gering. «Wir bleiben bei unseren nächsten Bauten aber sicher dran.»
Wash with a view
Neues gewagt hat auch Lägern Wohnen: Beim Ersatzneubau Gartenstrasse in Baden verzichtete die Genossenschaft auf Wohnungsanschlüsse und setzt ausschliesslich auf eine Waschküche, und zwar auf dem Dach, mit Zugang von der Terrasse. «Die Abläufe funktionieren reibungslos. Die Idee aber war, dass die Bewohnerschaft bei schöner Aussicht auch noch an einem dafür vorgesehenen Tisch zusammen verweilt. Die Erfahrung hat nun allerdings gezeigt, dass im Alltag dann oft doch schlicht das Waschen im Zentrum steht», so Thomas Wyss, Leiter der Technischen Bewirtschaftung. Es sei nicht ganz das, was man sich erhofft habe – «vielleicht hätte ein normaler Aufenthaltsraum fast mehr gebracht».
Nicht mehr auf die Waschküchen auf dem Dach verzichten möchte Matthias Lüthi. So sind auch die eingangs erwähnten Waschsalons der GBMZ in der Siedlung Klee zuoberst auf den Mehrfamilienhäusern platziert. Einer der Hauptgründe: «Für die kontrollierte Lüftung und den Speicher für die Solarthermie geht im Keller heutzutage immer mehr Raum verloren.» Mit der fast gleich teuren Dachlösung hatte man hingegen sogar noch Platz für eine Terrasse, auf der die Wäsche luftgetrocknet werden kann und sich die Bewohnerschaft auf einen Schwatz treffen kann. Inzwischen hat die GBMZ eine ähnliche Lösung auch bei der Siedlung Greencity Manegg realisiert, wo man auf den grosszügigen Terrassen im Sommer auch einmal zusammen grilliert.
Knackpunkt Reservierung
Matthias Lüthi betont aber, dass es auch bei einer Waschküche mit Aussicht Konflikte, zum Beispiel bezüglich Hygiene, gebe. «Beim Waschplan haben wir die Regel, dass man sich immer nur einmal eintragen kann, also sobald man gewaschen hat. Waschen, eintragen, waschen, eintragen, so das Motto. Dies funktioniert gut, erhöht die Möglichkeit für eine spontane Wäsche und sorgt erst noch dafür, dass nicht immer die gleichen Bewohnerinnen und Bewohner aufeinandertreffen.» Dies funktioniere auch bei einer Waschküche im Erdgeschoss, wie man sie vor knapp zwanzig Jahren bei einer Siedlung in Oerlikon realisiert habe.
Von guten Erfahrungen ohne Waschplan berichtet auch die Wohnbaugenossenschaft Oberfeld in Ostermundigen (BE). Dort setzt man auf helle Waschküchen auf den Etagen beziehungsweise im Parterre mit zwölf Maschinen und acht Tumblern für insgesamt knapp fünfzig Parteien. Auch ohne Waschplan gebe es meistens eine freie Maschine, sonst müsse man halt einmal kurz warten, erzählt Verwaltungsmitglied Chris Young. In manchen Waschküchen haben Genossenschafter zusätzlich Bücher oder DVDs zum Tauschen aufgestellt. «Um länger zu verweilen, haben wir aber attraktivere Aufenthaltsräume. Die Kombination von Waschküchen und fehlendem Waschplan sorgt jedoch zumindest für spontane Begegnungen und Gespräche.» Etwas, das sich auch Doris Sutter von der GWG erhofft: In der Überbauung Vogelsang, wo aktuell rund 150 Wohnungen entstehen, setzt man erstmals ebenfalls auf Waschsalons. Die Maschinen in den zwölf Salons können ohne Reservierung genutzt werden. Anschlüsse für eigene Maschinen sind jedoch weiterhin vorgesehen.
Ähnlich wird es wohl die Genossenschaft Hagenbrünneli bei ihrem nächsten Projekt «Lerchenhalde» handhaben, wo aktuell ein Waschsalon im Erdgeschoss sowie zusätzlich Anschlussmöglichkeiten in den Wohnungen zur Debatte stehen. Präsident Marcus Fauster: «Die Erfahrungen im ‹Klee› mit von uns finanzierten Waschtürmen in den Wohnungen sind abgesehen von häufigen Reparaturen zwar gut, aber wir beurteilen die Situation bei jedem Projekt wieder neu, so dass die Waschlösung wirklich individuell auf die Überbauung abgestimmt ist.»
Richtige Wahl vermeidet Konflikte
In ihren Grundfunktionen unterscheiden sich Haushaltswaschmaschinen nicht von jenen für Gemeinschaftswaschküchen. Trotzdem gilt es, bei der Auswahl auf einiges zu achten. Roman Köppel, Leiter Homecare bei Schulthess Maschinen AG, weiss, worauf.
Wohnen: Wenn Sie eine Wohnbaugenossenschaft bei der Ausstattung der Waschküche beraten, welche Faktoren sind entscheidend?
Roman Köppel: Grundlegend ist, wie viele Wohnungen mit einer Waschküche abgedeckt werden. Dann geht es aber auch um die Wohnungs- und Mieterstruktur. Sind es eher kleine Wohnungen für Singlehaushalte oder grosse für Familien? Bei Letzteren rechnet man mit mehr Waschgängen, was auch mehr Maschinen erfordert. Daraus lässt sich dann die Anzahl Tumbler ableiten. Eine Faustregel lautet, dass ein Tumbler ein Viertel weniger zum Einsatz kommt als eine Waschmaschine. Es braucht also drei Tumbler zu vier Waschmaschinen.
Ausser man hat einen Trocknungsraum mit Raumlufttrockner?
Dieser deckt meist nicht die gleichen Bedürfnisse ab wie ein Tumbler, ist aber eine sinnvolle Ergänzung. Zumindest ein Leinensystem, um die Wäsche aufzuhängen, darf nicht fehlen. Und auch an das Bezahlsystem sollte man frühzeitig denken. Wir empfehlen Waschmaschinen mit integriertem Bezahlsystem als digitale Lösung, das ersetzt Zusatzinstallationen. Und der Mieter kann per Kreditkarte oder Twint bezahlen, was sicherer und weniger aufwendig für die Verwaltung ist.
Der Münzzähler hat also ausgedient?
Das hängt auch etwas von der Altersstruktur der Mieterschaft ab. Grundsätzlich bringen digitale Lösungen aber allgemein Vorteile. Bei unserem Washmaster etwa lässt sich auch online ablesen, welche Maschine wie oft genutzt wird. Vielleicht zeigt sich dabei, dass eine kaum im Einsatz ist und sie bei einer anderen Liegenschaft mehr Sinn machen würde. Diesbezüglich kann es sich auch lohnen, ein, zwei Anschlüsse zusätzlich einzuplanen und allenfalls erst in einem zweiten Schritt Maschinen nachzurüsten. Fast noch wichtiger aber ist der durch die Digitalisierung einfacher organisierbare Service. So übermitteln Maschinen Störungsmeldungen teilweise automatisch an den Service. Denn defekte Maschinen sind eines der grössten Konfliktpotenziale.
Viele neue Funktionen scheinen den Zweck zu haben, Konflikte zu vermeiden.
Das ist bei Waschküchen ein grosses Thema und geht so weit, dass Maschinen heute sogar mit einem Online-Waschplan gekoppelt werden können, über den man sie reserviert. Inklusive Mitteilung auf das Smartphone, wann die Wäsche fertig ist, damit sie schnell gewechselt wird.
Auf was sollten Genossenschaften bei der Maschinenauswahl für die Waschküche sonst noch achten?
Auf möglichst kurze Programme bei gleicher Reinigungskraft. Das freut die Anwender und ist auch eine Frage der erhöhten Kapazität. Weiter ist die einfache, intuitive Bedienung elementar – und die Hygiene. Auch die ist ein mögliches Konfliktpotenzial in Waschküchen. Dazu haben wir etwa ein kurzes Desinfektionsprogramm, das ein Anwender bei Bedarf vor dem Waschen laufen lassen kann. Hier spielt aber auch die Qualität der Maschinen eine Rolle. Zum Beispiel, dass der Laugenbehälter, die eigentliche Trommel, nicht aus Kunststoff, sondern aus Chromstahl ist. Sonst können aufgrund der intensiven Benutzung mit den Jahren unangenehme Gerüche entstehen.
Unterscheiden sich hier Maschinen für die Waschküche von jenen für Haushalte?
Wir verwenden auch bei den Haushaltsmaschinen Chromstahl. Aber klar ist eine Maschine für Waschküchen spezifisch auf die höhere Belastung abgestimmt. Nicht was die Fassungsvermögen anbelangt, aber beispielsweise sind die Stossdämpfer auf die häufigere Anzahl Waschgänge während der Lebensdauer ausgelegt. Dadurch ist der Preis zwar höher als bei einer Haushaltsmaschine, aber das zahlt sich mittel- bis langfristig aus. Auch bezüglich Nachhaltigkeit.