
Schallschutz im Holzbau
Immer mit der Ruhe
Baugenossenschaften setzen immer häufiger auf Holzbauten. Als Schwachpunkt gilt dabei der Schallschutz. Bei mehrgeschossigen Wohnbauten sind die Trittschallgeräusche aus benachbarten Wohnungen deshalb besonders zu beachten. Welche Massnahmen bieten Abhilfe?
Von Bernhard Furrer* | November 2016
Der mehrgeschossige Holzbau hat in der Schweiz in den letzten Jahren einen grossen Aufschwung erlebt. Das führte dazu, dass dem Schallschutz eine neue Bedeutung zukam. Bei den früher vorwiegend als Einfamilienhäuser erstellten Holzgebäuden war er von geringer Relevanz. Nun leben in mehrgeschossigen Holzgebäuden aber verschiedene Parteien neben- und übereinander. Damit werden erhöhte Anforderungen an den Schallschutz zwischen Wohnungen gestellt.
Das Ziel von Schallschutzmassnahmen ist in erster Linie, geeignete Bedingungen für die Nutzerinnen und Nutzer zu schaffen – die Komfortansprüche der Bewohnerschaft sind massgebend. Im Hochbau geht es dabei um Luftschalldämmung gegenüber Innen- und Aussengeräuschen, um Trittschall- und Körperschalldämmung und um die Schallabsorption (Raumakustik). Die schallschutztechnischen Anforderungen sind in der Schweiz in der Norm SIA 181 «Schallschutz im Hochbau» geregelt.
Laufendes Forschungsprojekt
Das mehrgeschossige Bauen mit Holz vermochte sich dank Lockerungen der Brandschutzvorschriften ab 2005 nach und nach zu etablieren. Parallel beschäftigte sich die Holzbaubranche mit Schallschutzaspekten in den nun möglichen neuen Dimensionen. «Schallschutz im Holzbau» ist ein nationales Forschungs- und Entwicklungsprojekt der schweizerischen Wald- und Holzwirtschaft unter der Gesamtleitung der Lignum im Verbund mit der Empa und der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau, das sich dieser Thematik seit einigen Jahren widmet.
Schwerpunkte sind die Untersuchung der subjektiven Wahrnehmung von Schall in Bauwerken, die Weiterentwicklung von schall- und holzbautechnisch optimalen Bauteilen, die Verfolgung von Schall-Nebenwegübertragungen sowie die Bereitstellung von Anwendungshilfen für die Planung und Ausführung. In einer laufend erweiterten Bauteildatenbank werden entsprechende Kennwerte abgebildet (www.lignumdata.ch).
Trittschall als grösstes Problem
Um die subjektive Wahrnehmung von Schall abzuklären, wurden umfangreiche Befragungen der Bewohner von Mehrfamilienhäusern in Holzbauweise durchgeführt. Die Bewertung der Bauakustik fiel dabei insgesamt sehr zufriedenstellend aus. Die Beeinträchtigung durch Geräusche wird als relativ niedrig eingestuft. Am meisten stört die Trittschallübertragung aus anderen Wohnungen. Dieses dumpfe Geräusch, oftmals auch als Dröhnen bezeichnet, wird hauptsächlich durch Schritte im darüberliegenden Stockwerk verursacht. Die in Gebäuden üblichen Trittschallgeräusche sind sehr tieffrequent, was bei baulichen Schallschutzmassnahmen zu berücksichtigen ist.
Eine wirksame Schalldämmung bieten mehrschalige Konstruktionen. Sie erreichen gleich hohe Schalldämmwerte wie einschalige massive Bauteile, dies jedoch bei wesentlich geringerer Masse. Dabei sind technische Details wichtig: Eine mehrschalige Wand weist eine besonders hohe Schalldämmung auf, wenn die Kopplung der Wandschalen gering ist. Aber auch ein möglichst grosser Schalenabstand, die Verhinderung von Hohlraumresonanzen sowie eine möglichst elastische Verbindung der Schalen mit der Konstruktion sind wichtig.
Masse wichtig
Eine geeignete Massnahme zur Verbesserung des Schallschutzes bei Decken ist die Beschwerung der Rohdeckenkonstruktion. Eine weitere bedeutende Massnahme ist der Einsatz eines geeigneten Fussbodenaufbaus. Die Wirksamkeit von Estrichaufbauten wird massgebend von der Masse des Estrichs sowie der Steifigkeit der Trittschalldämmung beeinflusst. Dabei muss die Masse des Estrichs ausreichend hoch sein und die Trittschalldämmung eine möglichst geringe Steifigkeit aufweisen, um schalltechnisch optimale Resultate zu erzielen. Zuzüglich zum Fussbodenaufbau kann mit einer abgehängten Unterdecke eine Verbesserung erreicht werden.
Im Holzbau haben Schallnebenwege einen geringen Einfluss, wie aktuelle Untersuchungen im Projekt «Schallschutz im Holzbau» zeigen. Gute Resultate bei tieftonoptimierten Deckenkonstruktionen ergeben auch gute Resultate bei den Schallnebenwegen. Nebenwegübertragungen können bei Holzständerwandkonstruktionen mit einfachen baulichen Massnahmen soweit reduziert werden, dass sie wesentlich geringer sind als die direkte Schallübertragung über die Geschossdecke.
*Bernhard Furrer ist Leiter Technik von Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich. Die technische Beratung der Lignum erteilt werktags unter Telefon
044 267 47 83 morgens von 8 bis 12 Uhr kostenlos Auskunft zu allen Fragen rund um Holz. Die Website www.lignum.ch gibt vielfältige Grundinformationen.
Das hilft gegen Schall
Fussbodenaufbau
- schwerer Estrich, z.B. 80-mm-Zementestrich
- weiche Trittschalldämmung, z.B. Mineralfaser-Trittschalldämmung mit dynamischer Steifigkeit unter 6 MN/m3
Deckensystem
- Massivholzdecke mit 16 cm Massivholz und 9 cm Splittbeschwerung
- Hohlkastendecke mit 16 cm Splittfüllung im Hohlkasten oder mit Tilger
- Holz-Beton-Verbunddecke mit 12 cm Massivholz und 12 cm Beton
- Rippendecke, beschwert mit 3 cm Splitt und entkoppelter biegeweicher Unterdecke mit genügend schweren Bekleidungen (2 × 15 mm Gipsfaser- oder Hartgipsplatten) und grossem Schalenabstand von 30 cm, inklusive Hohlraumbedämpfung