Thomas Elmiger,
Rechtsdienst
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Immer häufiger lagern Wohnbaugenossenschaften die Wärmeversorgung mit einem Energie-Contracting an Dritte aus. Besonders achten müssen sie dabei auf die nötigen vertraglichen Regelungen und eine korrekte Nebenkostenabrechnung.
Energie-Contracting oder kurz Contracting hat sprunghaft zugenommen. Beim Contracting übernimmt eine Drittfirma die Verantwortung für Planung, Installation, Betrieb sowie Unterhalt der Heizungsanlage und übernimmt die Lieferung der Wärme zu einem vereinbarten Preis. Gleichzeitig bleiben die Anlage oder wesentliche Teile davon im Eigentum des Contractors.
Zwei Verträge
Zur Regelung des Contractings sind zwei Verträge üblich, nämlich der eigentliche Wärmeliefervertrag und ein Vertrag, der die Nutzung der Anlagen und den Zugang dazu regelt. Mit dem Wärmeliefervertrag verpflichtet sich der Contractor zur Abgabe von Wärme zum vereinbarten Preis während der Vertragslaufzeit. Der Wärmeliefervertrag umfasst meistens zwei Rechnungspositionen: Mit der Grundgebühr verrechnet der Contractor die Kapital- und die fixen Betriebskosten. Die variablen Energiekosten werden getrennt verrechnet.
Gleichzeitig räumt der Bezüger dem Contractor das alleinige Recht zur Nutzung des Heizraumes oder von Teilen davon ein. Normalerweise wird dafür ein Dienstbarkeitsvertrag mit Nutzungsrecht am Raum abgeschlossen. Denkbar ist aber auch ein Mietvertrag mit der gleichen Laufzeit wie der Wärmeliefervertrag. Entsprechend der Lebensdauer der wärmetechnischen Anlagen haben die meisten Contractingvereinbarungen eine Laufzeit von 15 bis 30 Jahren. Der Energiebezüger muss bereit sein, einen langjährigen Vertrag einzugehen. Diesen Vertrag kann der Bezüger grundsätzlich auch dann nicht einfach aufheben, wenn er mit den Leistungen des Anbieters nicht mehr zufrieden ist oder wenn zwischen ihm und dem Anbieter ein Streit entbrennt. Das Kündigungsrecht ist erheblich eingeschränkt. Der Vorteil des Contractings besteht darin, dass das gebundene Kapital um den Anteil der Heizanlage vermindert wird.
Eigentumsverhältnisse
Da die Anlageteile verschiedenen Eigentümern gehören, ist eine genaue Abgrenzung der Teile des Heizsystems notwendig. Die Eigentumsverhältnisse der Leitungen und Anlagekomponenten werden deshalb in einem Schema definiert. Leitungen zur Versorgung oder Entsorgung eines Grundstücks stehen im Eigentum des Werkeigentümers, vorausgesetzt, dass eine Leitungsdienstbarkeit errichtet wird.1 Deshalb verbleiben Leitungen regelmässig im Eigentum des Contractors. Aus diesem Grund muss der Bezüger Durchleitungs- und Zutrittsrechte gewähren.
Die weiteren wärmetechnischen Anlagen wie etwa Transformatoren-, Druckreduzier- oder Schaltstationen, die nicht Leitungen darstellen, müssen rechtlich anders als Leitungen behandelt werden. Können Teile der Contractinganlage aus dem Gebäude entfernt werden, ohne dass diese beschädigt werden und zwecklos werden, stellen diese nicht Bestandteile des Grundstücks dar, sondern bewegliche Sachen (sogenannte Fahrnis2), die ein eigenes rechtliches Schicksal haben können. Bewegliche Gegenstände können damit ohne weiteres im Eigentum des Contractors bleiben, auch wenn sie sich auf dem Grundstück des Eigentümers befinden. Falls die Anlagekomponenten mit dem Grundstück fest verbunden sind, stellen sie Bestandteile3 desselben dar und teilen grundsätzlich das gleiche rechtliche Schicksal.
Nebenkosten
Besondere Beachtung verdient die Frage, inwiefern Contractingkosten als Nebenkosten ausgeschieden werden können.4 Grundsätzlich sind nur diejenigen Kosten als Nebenkosten qualifizierbar, die mit dem Gebrauch der Mietsache zusammenhängen, wobei solche Leistungen auch von einem Dritten erbracht werden können. Für Wohn- und Geschäftsräume ist im Gesetz ausdrücklich geregelt, dass Heizungs- und Warmwasser Nebenkosten darstellen.5 Nicht nebenkostenfähig sind jedoch Erstellungskosten, Reparaturen sowie die Erneuerung von Heizungs- und Wasseraufbereitungsanlagen. Ebenso dürfen die Verzinsung und die Abschreibung solcher Anlagen nicht als Nebenkosten dem Mieter weiterbelastet werden6, denn es wird davon ausgegangen, dass die Kosten für den Bau einer Heizanlage und der Unterhalt mit dem Mietzins bereits abgegolten sind.
Mit der Einführung von Art. 6a VMWG wurde 1996 von dieser grundsätzlichen Regelung abgewichen. Danach darf der Vermieter, der Heizenergie oder Warmwasser aus einer nicht zur Liegenschaft gehörenden Zentrale (das heisst Fernwärme) bezieht, dem Mieter neu auch die tatsächlich anfallenden Kosten einer solchen Anlage (inklusive Aufwendungen für Unterhalt, Verzinsung und Amortisation) als Nebenkosten in Rechnung stellen. Voraussetzung ist aber, dass diese Zentrale nicht Teil der Anlagekosten ist.
Bei einem Neubau empfiehlt es sich, die Kosten für die Heizungsanlage bei der Berechnung und Deklaration des Nettomietzinses auszuschliessen und sämtliche Kosten des Energiecontractings ausdrücklich als Nebenkosten auszuweisen. Bei bestehenden Bauten muss der Nettomietzins in der Regel nach unten angepasst werden, wobei die Nebenkosten im gleichen Umfang erhöht werden können.
Wichtig ist, dass eine Nebenkostenposition «Fernwärme» im neuen Mietvertrag ausgeschieden oder im bestehenden Mietvertrag den Mietern auf dem amtlichen Formular7 mitgeteilt wird, da diese Kosten für die Mieter eine zusätzliche finanzielle Belastung darstellen.