Katharina Bossert,
Rechtsdienst
katharina.bossert@wbg-schweiz.ch
Die Empfehlung beziehungsweise die Pflicht zum Homeoffice aufgrund der Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 werfen einige Fragen auf. Hier finden Sie die wichtigsten Antworten.
April 2021
Welches sind die Gesetzesgrundlagen?
Gemäss Art. 10 Abs. 3 Verordnung besondere Lage sorgen die Arbeitgeberinnen seit dem 18. Januar 2021 dafür, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtungen von zu Hause aus erfüllen können, sofern dies aufgrund der Art der Aktivität möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist. 1 Beim Homeoffice wird die Arbeitsleistung statt in den Räumlichkeiten der Arbeitgeberin in den eigenen vier Wänden erbracht. Der Gesetzgeber hat die Homeofficearbeit nicht geregelt, es gelten die üblichen Bestimmungen des Einzelarbeitsvertrags. 2
Welche Schutzmassnahmen gelten für Tätigkeiten vor Ort?
Während bei Büroarbeiten eine Verlegung ins Homeoffice mit entsprechenden Vorkehrungen im IT-Hardware- und -Software-Bereich möglich ist, können Hauswarte ihre Arbeiten in der Regel nur vor Ort erledigen. Für sie sind neben der Maskenpflicht in Innenräumen bei mehr als einer Person daher anderweitige Schutzmassnahmen gemäss dem STOP-Prinzip (Substitution, technische Massnahmen, organisatorische Massnahmen, persönliche Schutzausrüstung) zu treffen. Dies bedeutet namentlich die physische Trennung, getrennte Teams oder das Tragen von Gesichtsmasken auch in Aussenbereichen. 3
Was gilt für besonders gefährdete Personen?
Kann bei besonders gefährdeten Personen keine Lösung mit Ersatztätigkeiten sowie Homeoffice gefunden werden, muss die Arbeitgeberin die betroffenen Arbeitnehmer unter voller Lohnzahlung von der Arbeitspflicht befreien. 4 In diesen Fällen kann Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz geltend gemacht werden. 5
Muss man im Homeoffice von zuhause aus arbeiten, oder darf man einen anderen Arbeitsort wählen?
Es ist anzunehmen, dass der Arbeitnehmer seine beruflichen Aufgaben im «Homeoffice» in seinen privaten Wohnräumlichkeiten erledigt. Unter Umständen können jedoch auch andere Arbeitsorte, beispielsweise Ferienwohnungen, Hotels, Bibliotheken oder «Coworkingspaces», in Frage kommen. Massgebend ist die konkrete Vereinbarung. Bei der Arbeitsleistung im Ausland kommen weitere Fragestellungen hinsichtlich Sozialversicherungsleistungen usw. hinzu.
Sind die Arbeitszeiten im Homeoffice flexibel?
Massgebend ist die konkrete Vereinbarung. So können die Arbeitszeiten flexibel ausgestaltet oder fest vorgeschrieben sein (Präsenzzeiten). Einzuhalten sind zudem die zwingenden Bestimmungen des Arbeitsgesetzes wie das Verbot der Nachtarbeit und der Sonntagsarbeit sowie die notwendigen Ruhezeiten. 6 Auch die Erfassung der Arbeitszeit ist zu gewährleisten, sofern nicht eine Ausnahme gilt. Verbunden mit den Arbeitszeiten ist auch die Frage der Erreichbarkeit, die je nach Bedarf zu regeln ist.
Sind Auslagen des Arbeitnehmers zu entschädigen?
Grundsätzlich hat die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer mit den Geräten und dem Material auszurüsten, die zur Arbeit benötigt werden. 7 Für vom Arbeitnehmer zur Verfügung gestellte Geräte wie Laptop, Drucker und Büroeinrichtungsgegenstände sowie Materialien wie Papier, Druckerpatronen usw. ist in der Regel eine angemessene Entschädigung zu bezahlen. 8 Da es sich dabei aber nicht um eine zwingende Gesetzesbestimmung handelt, kann die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer vertraglich zur unentgeltlichen Bereitstellung im Homeoffice verpflichten. Demgegenüber ist der Ersatz von Auslagen zwingend geschuldet. 9 Zu ersetzen sind Spesen, die ein sorgfältiger Arbeitnehmer als notwendig ansehen durfte, wozu insbesondere angefallene Auslagen für Porto und Fernmeldegebühren gehören. 10
Art. 10 Abs. 3 der Verordnung besondere Lage hält nun fest, dass den Arbeitnehmern keine Auslagenentschädigungen für die gestützt auf diese Bestimmung angeordnete Erfüllung der Arbeitsverpflichtung von zuhause aus geschuldet sind. Die dazugehörigen Erläuterungen verweisen darauf, dass es sich nur um eine vorübergehende Anordnung handelt, und nennen als Beispiele Stromkosten oder Beiträge an Mietkosten. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitgeberin die geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen fürs Homeoffice zu treffen hat. Angesichts dieser offenen Regelungen empfiehlt sich eine klärende Vereinbarung. Während der Verzicht auf eine Beteiligung an Kosten, die beim Arbeitnehmer ohnehin anfallen würden, nachvollziehbar erscheint, sind Kosten für Porto, Druckerpatronen, Papier usw. zu ersetzen, da diese auch am Büroarbeitsplatz entstehen würden beziehungsweise dort eingespart werden. 11
Können Minusstunden aufgrund zu geringen Arbeitsvolumens nachgeholt werden?
Wenn die Arbeitgeberin die Arbeit im Homeoffice anordnet, dem Arbeitnehmer jedoch nicht das vertraglich vereinbarte Arbeitspensum zuweist, liegt ein Verzug der Arbeitgeberin vor und sie bleibt lohnzahlungspflichtig. Gleichzeitig muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht später nachholen. 12
Was gilt bei Betriebsstörungen im Homeoffice?
Die Arbeitgeberin organisiert mit der Homeofficearbeit ihren Betrieb. Die Risiken von Störungen wie der Unterbruch von Kommunikationseinrichtungen, Stromunterbruch usw., die der Arbeitnehmer nicht zu verantworten hat, sind von der Arbeitgeberin zu tragen.
Wie ist die Situation im Falle des Ausfalls der Fremdbetreuung oder bei Schulschliessungen zu handhaben?
Für Eltern liegt in diesen Fällen eine unverschuldete Arbeitsverhinderung vor wegen der gesetzlichen Betreuungspflicht, und es besteht eine beschränkte Lohnfortzahlungspflicht der Arbeitgeberin. 13 Allerdings sollten weitere Absenzen durch eine geeignete Organisation möglichst vermieden werden. Zudem können Eltern bei der AHV-Ausgleichskasse in einem gewissen Rahmen eine Entschädigung beantragen. 14
Dürfen Arbeitnehmer im Homeoffice kontrolliert werden?
Eine Kontrolle der Arbeitnehmer im Homeoffice ist sowohl praktisch als auch rechtlich nur bedingt möglich. 15 Es empfiehlt sich, mit den Mitarbeitenden zu klären, wie die Arbeit im Homeoffice auszugestalten ist und was hinsichtlich Arbeitszeiten, Erreichbarkeit usw. gilt.
Sind wegen der Pandemie Überstunden zu kompensieren?
Grundsätzlich kann eine Arbeitgeberin einen Arbeitnehmer nicht dazu anhalten, Überstunden zu kompensieren. Vielmehr haben sich Arbeitgeberin und Arbeitnehmer über den Grundsatz der Kompensation, den genauen Zeitpunkt und die Dauer zu einigen. 16 Lediglich bei einer vertraglichen Regelung hinsichtlich einseitiger Anordnungsmöglichkeit durch die Arbeitgeberin ist eine solche Kompensation zulässig.
Wie sieht es mit dem Bezug von Ferien aus?
Da die Arbeitgeberin den Zeitpunkt der Ferien bestimmen darf und dabei auf die Wünsche des Arbeitnehmers insoweit Rücksicht zu nehmen hat, als dies mit den Interessen des Betriebs vereinbar ist 17, sind bereits mitgeteilte Ferien auch während der Coronapandemie in der Regel zu beziehen. Demgegenüber ist eine kurzfristige Anordnung von Ferien seitens der Arbeitgeberin grundsätzlich nicht zulässig (im Allgemeinen sind Ferien drei Monate im Voraus anzukündigen). Kann der Arbeitnehmer geplante Ferien wegen einer Anordnung der Arbeitgeberin nicht antreten, muss diese den Schaden ersetzen.
Besteht auch nach Covid Anspruch auf Homeoffice?
Ohne Covid-19-Massnahmen haben Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, Homeofficearbeit leisten zu dürfen, sofern keine vertragliche Abmachung besteht. Vereinzelte Regelungen in Gesamtarbeitsverträgen beschränken sich meist auf gewisse Grundsätze. Ausnahmsweise kann die Arbeitgeberin die Arbeitsleistung im Homeoffice temporär anordnen, sofern dies für den betreffenden Arbeitnehmer zumutbar ist.
Gibt es weitere Empfehlungen?
Es ist wichtig, dass sich Arbeitgeberinnen ihrer Fürsorgepflicht bewusst sind. Dazu gehört, dass die notwendigen Massnahmen und Schutzkonzepte ausgearbeitet und regelmässig überprüft werden. Zudem sind die Bedürfnisse der Mitarbeitenden aufzunehmen und sie sind bei den sich neu stellenden Herausforderungen zu unterstützen. Zu denken ist auch daran, den Austausch sowie die Kommunikation unter den Mitarbeitenden mit geeigneten Mitteln und Gefässen zu fördern.
Weiterführende Informationen sind insbesondere beim Seco erhältlich. 18