Rubrik: Recht

Neue Gerichtsentscheide im Mietrecht

Zwei Gerichtsentscheide schaffen Klärung bei nachträglichen Mietzinsreduktionen wegen Mängeln beziehungsweise bei Mietverträgen zu Haupt- und Nebensachen.

Gesetzlich kann der Mieter von der Vermieterin verlangen, dass sie den Mietzins verhältnismässig herabsetzt, falls an der Mietsache Mängel entstehen, die der Mieter weder zu verantworten noch auf eigene Kosten zu beseitigen hat.¹ Die Mietzinsherabsetzung kann frühestens ab dem Zeitpunkt, ab dem die Vermieterin Kenntnis vom Mangel hat, bis zu dessen vollständiger Beseitigung verlangt werden. Das Bundesgericht musste sich nun zum ersten Mal mit der Frage auseinandersetzen, bis zu welchem Zeitpunkt die «Herabsetzungserklärung» des Mieters zu erfolgen hat. Insbesondere war im vorliegenden Bundesgerichtsurteil² strittig, ob diese auch noch nach Vertragsbeendigung rechtsgültig abgegeben und geltend gemacht werden kann.
Im konkreten Fall wurden von den Mietern als Erstbeziehern erhebliche gesundheitsschädigende Staubablagerungen in den Mieträumen beanstandet. Weil die Situation unerträglich war und der Vermieter nicht unverzüglich handelte, verliessen die Mieter die Wohnung. Sie setzten dem Vermieter eine Frist zur Män­gelbehebung und drohten gleichzeitig im Unterlassungsfall die fristlose Kündigung an, die sie in der Folge auch aussprachen. Eine Mietzinsherabsetzung mach­ten die Mieter jedoch erst im erst­in­stanzlichen Gerichtsverfahren, also nach Beendigung des Mietverhältnisses, geltend.

Herabsetzungserklärung ohne Frist
In einem früheren Entscheid erwähnte das Bundesgericht, dass die Herabsetzungserklärung in der Zeit während des Bestehens der Mängel zu erfolgen habe und bis spätestens zur Beendigung des Mietverhältnisses abgegeben werden müsse.³ Das Bundesgericht hat sich nun mit dieser Frage vertieft auseinandergesetzt mit dem Resultat, dass bei der Abgabe der Herabsetzungserklärung keine besonderen Fristen – mit Ausnahme der allgemeinen Verjährungsfristen – zu beachten seien.
Damit kann das Begehren um Mietzinsherabsetzung aufgrund eines Mangels auch noch nach Beendigung des Mietverhältnisses gestellt werden. Unverändert bleibt, dass der Mieter die Vermieterin über den Mangel selbst in Kenntnis zu setzen hat, so dass die Vermieterin entsprechende Massnahmen zur Behebung einleiten kann.

Entzug einer Nebensache
Das Mietgericht Zürich⁴ hatte sich mit folgender Thematik auseinanderzusetzen: Der Vermieter hatte dem Mieter ein Kellerabteil (Nebensache) in einem einheitlichen Mietvertrag zur Wohnung (Hauptsache) vermietet. Das Kellerabteil wurde doppelt vermietet, weshalb der Vermieter dem Mieter das konkrete Kellerabteil entziehen und ein neues Kellerabteil zuweisen wollte. Es stellte sich nun die Frage, ob das Kellerabteil mit dem Kündigungsformular gekündigt werden kann oder ob der Keller und die Wohnung eine Einheit bilden und der Entzug nur durch eine einseitige Vertragsänderung möglich ist.
Das zuständige Gericht hat in diesem Fall eine zusammenhängende Sache angenommen. Damit kann die eine Nebensache (Keller) nicht ohne die Haupt­sache (Wohnung) gekündigt werden, denn die Haupt- und die Nebensache teilen dasselbe rechtliche Schicksal. Die Kündigung der Nebensache allein (zum Beispiel des Kellers) käme einer Teilkündigung⁵ gleich, die nicht zulässig ist und somit unwirksam. Deshalb muss der Vermieter eine einseitige Vertragsänderung vornehmen. Diese hat er dem Mieter mit dem amtlichen Formular mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist mitzuteilen und zu begründen.
Allerdings könnte der Entscheid, dass Haupt- und Nebensache eine Einheit bilden, für einen Mieter gravierende Folgen haben. So kann ein Vermieter bei Zahlungsverzug betreffend das Kellerabteil die Wohnung aufgrund von Art. 257d OR innert 30 Tagen – ohne Erstreckungsmöglichkeit – ausserordentlich kündigen.

Separate Mietverträge
Das Bundesgericht⁶ stellt aber beim Entscheid darüber, ob von einem einheitlichen Mietverhältnis auszugehen ist, nicht primär auf den funktionellen Zusammenhang zwischen der Hauptsache und der Nebensache ab – also ob beispielsweise ein Einstellplatz im Hinblick auf den Wohnort gemietet wurde –, sondern auf den Parteiwillen und somit auf den Vertragsinhalt. So ist etwa denkbar, dass trotz funktionellem Zusammenhang beide Parteien an einer separaten Kündigung der Nebensache interessiert wären. Bei der Miete von Einstellplätzen ist dies bereits die gängige Praxis.
Es ist durchaus möglich, dass auch bezüglich eines Kellerabteils Interesse an einer separaten Vermietung besteht. In diesem Fall sowie auch für andere mitvermietete Sachen wie Bastel- und Mansardenzimmer oder Parkplätze wird empfohlen, separate Mietverträge abzuschliessen und zu erwähnen, dass es dem Parteiwillen entspricht, die Mietverträge isoliert zu betrachten. Damit ist für den Vermieter eine Kündigung der Nebensache einfacher durchsetzbar, und die Schutz­bestimmungen für missbräuchliche Mietzinse kommen nicht zur Anwendung, das heisst, die Mietzinse für die Nebensachen können frei vereinbart werden. Andererseits läuft der Mieter nicht Gefahr, dass er innert 30 Tagen keine Wohnung mehr hat, weil er den Mietzins für den Bastelraum oder den Parkplatz nicht bezahlt hat.

  1. Art. 259a Abs. 1 lit. b OR
  2. BGE 142 III 557
  3. BG 4C.66/2001 vom 15. Mai 2001
  4. ZMP 2017 Nr. 8
  5. SVIT-Kommentar zu Art. 253a N19
  6. BGE 137 III 123

Nicole Schwarz,

Rechtsdienst

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