Mietmodelle gewinnen bei Geräteherstellern an Bedeutung

Längere Nutzungszyklen durch Vermieten?

Immer mehr Gerätehersteller bieten ihre Produkte auch zur Miete an. In «Rundum-Sorglos-Paketen» übernehmen sie Unterhalt, Reparatur und Wiederaufbereitung von Waschmaschine und Co. und investieren dadurch stärker in Langlebigkeit und Reparierbarkeit. Zu den Kundinnen und Kunden gehören auch Wohnbaugenossenschaften.

Von Patrizia Legnini | Bilder: WBG 1904, Electrolux | 2022/07

Das Thema Kreislaufwirtschaft wird auch für Schweizer Bauträger immer wichtiger. Ziel ist, Ressourcen so lange wie möglich im Kreislauf zu behalten und die Abfallproduktion auf ein Minimum zu reduzieren (siehe Box nächste Seite). Auf das Konzept setzen heute auch namhafte Gerätehersteller, die Wert auf längere Nutzungszyklen und eine gute Reparierbarkeit legen und damit begonnen haben, ihre Geräte nicht nur zu verkaufen, sondern sie an Firmenkundinnen und -kunden oder Private zu vermieten.
Das bedeutet, dass Waschmaschinen und Tumbler und teils sogar Kaffeemaschinen im Besitz der Hersteller bleiben und diese selbst die Verantwortung und Kosten für Unterhalt und Reparaturen übernehmen. Die Hersteller wollen dadurch noch stärker in die Qualität der Produkte investieren – schliesslich rechnet sich die Vermietung für sie umso mehr, je weniger oft die Servicetechniker bei den Kunden für Reparaturen und Service vorbeigehen müssen. Letztere bezahlen für die «Rundum-Sorglos-Pakete» eine im Vorfeld festgelegte, fixe Servicegebühr.
«Die Nachfrage nach solchen Modellen ist gross und steigt stetig an», sagt Nicole Thier, Leiterin Marketing bei der Schulthess Maschinen AG, wo man sich aktuell ins Thema Kreislaufwirtschaft vertieft. Bei «washMaster», einer digitalen Plattform für vernetztes Waschen, könnten die Kunden zwischen «Pay per Use», «Miete» oder «Leasing» entscheiden. So setze etwa die Schweizerische Immobilien Anlagestiftung Ecoreal auf die Pay-per-Use-Lösung und stelle lediglich den Waschraum zur Verfügung, während Schulthess sich um dessen Betrieb kümmere. Auch der schwedische Konzern Electrolux bietet Geschäftskundinnen und -kunden Mietgeräte an. Man verfolge das Ziel, bis 2030 klimaneutral zu sein. In diesem Kontext seien Mietmodelle und die Reparierbarkeit von Geräten wichtige Pfeiler, sagt PR Manager Stefano Grasso. «Unsere Geräte weisen eine überdurchschnittlich hohe Lebensdauer auf. Entsprechend halten wir Ersatzteile über zwanzig Jahre verfügbar. So garantieren wir mit und ohne Mietmodell eine hohe Langlebigkeit.»

Mieten beeinflusst Bauweise
Geräte mit einer langen Ersatzteilverfügbarkeit bietet auch der Haushaltsgeräte-Hersteller V-Zug zum Kauf an. «In einem Mietmodell baut der Hersteller seine Verantwortung aber weiter aus. Mittel- bis langfristig werden solche Geschäftsmodelle die Bauweise von Geräten beeinflussen», sagt Jonas Bulach, Projektleiter Product-as-a-Service. Vor zwei Jahren führte V-Zug das Mietangebot für Geschäftskunden als Pilotprojekt mit einem Markt­versuch ein. Nach positiven Erfahrungen bereite man sich nun darauf vor, es breiter zu vermarkten.
Im Rahmen des Modells «Clean & Simple» bietet die Firma Geschäftskunden Waschmaschinen und Trockner zur Miete an – mehrere hundert Geräte sind es im Moment. Zu den Kunden gehören auch die SBB, die beim Bahnhof St. Johann in Basel eine Wohnüberbauung erstellen: In jede der 71 Wohnungen kommt ein Waschturm von V-Zug, der im Rahmen eines Nutzungsvertrages über eine Laufzeit von zwölf Jahren zur Verfügung gestellt wird. Für dasselbe Mietmodell hat sich die Wohnbaugenossenschaft 1904 St. Gallen entschieden. Vor vier Jahren hat sie damit begonnen, die Siedlung Hagenbuch mit 150 Wohnungen zu sanieren; seit 2020 wird jede Wohnung mit einer gemieteten Waschmaschine und einem gemieteten Tumbler von V-Zug ausgestattet.
«Der Vorteil ist, dass sich die Genossenschaft so um nichts zu kümmern braucht: Die Mieterinnen und Mieter gelangen mit ihren Anliegen direkt an V-Zug, der Hauswart wird in ein paar Jahren keinen Reparaturen nachspringen müssen», sagt Geschäftsführerin Monika Rutishauser. Aufgrund der monatlichen Pauschale profitiere man von planbaren Kosten und müsse nicht aufs Mal viel Kapital zur Anschaffung neuer Geräte in die Hand nehmen. Angeboten werden bei V-Zug Modelle für die Einzelnutzung auf einer Etage und für die gemeinsame Nutzung in der Waschküche. Für Private ist das Angebot derzeit nicht erhältlich. «In Zukunft ist es aber durchaus möglich, dass es auf sie ausgedehnt wird», sagt Bulach.

Für die Hersteller rechnet sich das Mietmodell umso mehr, je weniger oft die Servicetechniker bei den Kundinnen und Kunden vorbeigehen müssen.

Vermietung an Private in Deutschland
Ganz auf private Kundinnen und Kunden setzt hingegen die Firma Miele, die im Rahmen ihres «Upgreat»-Mietmodells Hausgeräte vermietet – allerdings nur in Deutschland, wo das Mieten stärker verbreitet ist als in der Schweiz. Während die Kunden von Miele am Anfang zwischen Küchengeräten wie Geschirrspülern, Kochherden und Backöfen auswählen konnten, wurde das Angebot «aufgrund von Kundenfeedbacks» bereits auf Waschmaschinen, Kaffeevollautomaten und sogar Staubsauger ausgeweitet, wie Pressesprecher Roman Ber­ther sagt. «Mit Upgreat, das seit gut einem Jahr als Pilotprojekt in Deutschland läuft, wollen wir bewusst etwas für die Umwelt tun und ein Zeichen für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft setzen», so Berther. «Weil fast alle Miele-Geräte auf eine Lebensdauer von zwanzig Jahren getestet werden, sind sie prädestiniert für das Mietmodell.»
Genaue Zahlen zu den vermieteten Geräten will Berther nicht nennen. Er sagt aber, dass das Unternehmen mit «Upgreat» viele junge Menschen erreiche und dass das Mietprogramm bis jetzt die Erwartungen erfülle. «Erste Erkenntnisse zeigen, dass das Geschäftsmodell langfristig ein hohes Potenzial hat. Nutzen statt Kaufen ist ein industrieübergreifender Trend», so Berther. Weil das Unternehmen die Geräte nach Mietende wieder aufbereitet, bevor sie erneut in die Vermietung gehen, sind kleinere Kratzer nicht ausgeschlossen – dafür kann Elek­troschrott weitgehend vermieden werden. Mög­lich wäre laut Berther sogar, dass sich die zwanzigjährige Lebensdauer durch die regelmässige Aufbereitung der Geräte noch erhöht.

Kurzfristige Miete ist kontraproduktiv
Sind Mieterinnen und Mieter aber nicht besonders heikel, wenn sie an den Dreck in Waschmaschinen oder das Fett in Backöfen denken, das Vormieter hinterlassen haben könnten? Können die Geräte nach ein paar Jahren so sauber gereinigt werden, dass der nächste Nutzer sich nicht ekelt? «Ja, davon sind wir überzeugt», sagt Berther. «Wir prüfen jedes Mietgerät, reinigen es und tauschen bei Bedarf Verschleissteile aus.» Es gebe immer mehr Menschen, die nicht unbedingt Wert auf ein neues Produkt legen oder sich bewusst für schon benutzte Produkte entscheiden. «Nutzen auf Zeit ist hier das Stichwort, und da dürfen Geräte auch gebraucht sein.» Aufgrund der guten Erfahrungen wird Miele das Mietangebot für Private in Deutschland weiterführen. Ob man es dereinst auch in der Schweiz einführen wird, müsse erst evaluiert werden.
Dass Geräte durchs Mieten tatsächlich länger genutzt werden, bezweifelt Marlys Wyss von der Waschmaschinenfabrik Gebrüder Wyss AG. «In der Regel ist es doch so, dass mit Eigentum sorgfältiger umgegangen wird», sagt sie. Zwar steht sie Mietmodellen nicht in jedem Fall kritisch gegenüber. Zur Überbrückung von speziellen Situationen offeriere das Unternehmen bereits entsprechende Angebote, und wenn es in der Gemeinschaftswaschküche dereinst Bedarf am Mieten von Waschmaschinen oder Trocknern gebe, würde man dies ebenfalls anbieten. «Aber das kurzfristige Mieten von dauerhaften Konsumgütern verursacht sowohl für den Hersteller als auch für den Hauseigentümer oder Benutzer hohe Unkosten und Umweltbelastungen ohne entsprechenden Mehrwert.» Für den Fall, dass gekaufte Geräte vor Ablauf der Lebensdauer nicht mehr benötigt würden, stünden schliesslich Internetplattformen für den Second-Hand-Verkauf zur Verfügung, so Wyss.

Keine Erstinvestitionen nötig
Ob das Mietmodell die Kunden am Ende günstiger oder teurer zu stehen kommt, als wenn sie die Geräte kaufen, ist schwer zu sagen – zumal die Hersteller bezüglich der Preise für Geschäftskunden keine Angaben machen. «Wir gehen davon aus, dass sich das Modell finanziell lohnen wird», sagt Monika Rutishauser von der St. Galler Wohnbaugenossenschaft 1904. «Um das überprüfen zu können, würden wir es begrüssen, wenn wir vom Hersteller eine Statistik bekämen, auf der die Anzahl Reparaturen aufgelistet sind.» Die Servicegebühren könne sie den Mietern über die Nebenkosten überwälzen. Die SBB wiederum schreiben in einem Blogbeitrag, dass sie bei der Überbauung in Basel die Ausgaben senken können. Diese lägen bei Waschmaschinen und Tumblern grösstenteils nicht in den Anschaffungskosten, sondern in den für Wartung und Ersatz anfallenden Aufwänden und Prozesskosten.

Weitere Informationen
Erste repräsentative Studie zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft auf Unternehmensebene.