
«Wir müssen den Förderauftrag des Bundes bestmöglich erfüllen»
Die Nachfrage nach den Finanzierungen der Emissionszentrale EGW ist derzeit so hoch wie nie. Das ist erfreulich, führt aber dazu, dass die Mittel knapp werden. Was bedeutet das für die gemeinnützigen Wohnbauträger? Die EGW-Spitze nimmt Stellung
Von Rebecca Omoregie | Bilder: Wohnen, zVg | 2025/01
Wohnen: Sie haben letzten Herbst informiert, dass die Nachfrage nach den EGW-Finanzierungen sehr hoch ist. Wie ist die Situation derzeit?
Ernst Hauri: Seither hat sich die Situation weiter zugespitzt. Wir haben bereits jetzt Gesuche mit höherem Finanzierungsvolumen hängig, als wir für das ganze Jahr 2025 gewähren können.
Wie erklären Sie sich die hohe Nachfrage?
Patrizia Obrist: Es gibt wohl mehrere Gründe. Unter anderem hören wir von den gemeinnützigen Wohnbauträgern, dass die Kreditpolitik der Banken restriktiv geworden ist. Dies dürfte auf die Veränderungen in der Schweizer Bankenlandschaft und die Bankenregulierung zurückzuführen sein. Und angesichts der unsicheren geopolitischen Situation wünschen sich viele Wohnbauträger eine langfristige Absicherung. Zudem bieten wir sehr attraktive Zinsen, die wieder deutlich unter dem Referenzzinssatz liegen. Dieses Jahr werden zwei Anleihen auslaufen. Fast alle daran beteiligten Wohnbauträger möchten ihre Finanzierungen im bisherigen Umfang verlängern.
Hat die EGW genügend Mittel, um diese hohe Nachfrage abzudecken?
Hauri: Nein, wenn wir möchten, dass auch für die restliche Laufzeit des aktuellen Rahmenkredits noch genügend Gelder zur Verfügung stehen, müssen wir sehr haushälterisch mit den Mitteln umgehen. Das heisst, wir können dieses Jahr wohl nicht alle Finanzierungsanfragen abdecken.
Wie viel Geld steht noch zur Verfügung?
Obrist: Der aktuelle Rahmenkredit läuft seit Mitte 2021 bis spätestens Ende 2027 und stellt maximal 1,7 Milliarden Franken für Bürgschaften zur Verfügung. Bis jetzt haben wir davon fast eine Milliarde beansprucht. Das heisst, für die Restlaufzeit haben wir nun noch 715 Millionen Franken zur Verfügung.
Was heisst das für gemeinnützige Wohnbauträger, die ein Gesuch gestellt haben oder eines planen?
Hauri: Der EGW-Vorstand hat entschieden, 2025 maximal 300 Millionen Franken zu vergeben. Wir haben die Geschäftsstelle und die Prüfungskommission deshalb beauftragt, die eingehenden Gesuche für Neufinanzierungen zu priorisieren.
Wie entscheiden Sie, welche Gesuche gewährt werden können?
Obrist: Wir müssen uns hier auf möglichst objektive Faktoren abstützen können. Deshalb sind in unseren Bewilligungskriterien Priorisierungsrichtlinien festgelegt. Diese gibt es schon lange. Bisher kamen sie aber nicht zum Einsatz, da genügend Mittel vorhanden waren.
Was heisst das konkret? Wer bekommt etwas, wer nicht?
Hauri: Die Priorisierung orientiert sich am Förderauftrag des Bundes, den wir bestmöglich erfüllen müssen. Das heisst zum Beispiel, dass kleinere und mittlere Wohnbauträger Vorrang haben. Diese sind eher auf EGW-Finanzierungen angewiesen, weil sie in Verhandlungen mit Banken in einer schwierigeren Position sind. Ausserdem ist es gerade in der aktuellen Wohnungsknappheit wichtig, möglichst viele neue gemeinnützige Wohnungen zu ermöglichen. Wir wollen deshalb vor allem Neubauten, Renovationen und energetische Sanierungen unterstützen – dies hat eine grössere Förderwirkung als reine Umfinanzierungen.
Was ist mit gemeinnützigen Bauträgerinnen, deren Finanzierung 2025 ausläuft?
Hauri: Wir müssen darauf achten, dass wir neben Anschlussfinanzierungen auch genügend Mittel für neue Finanzierungen haben. Es wird nicht möglich sein, alle auslaufenden Finanzierungen zu hundert Prozent zu verlängern. Der Vorstand hat deshalb beschlossen, dass bei den beiden Anleihen, die 2025 fällig sind, maximal zwei Drittel verlängert werden können.
Was bedeutet das für die betroffenen Wohnbauträger?
Obrist.: Wir haben diese bereits informiert und werden mit ihnen die möglichen Optionen besprechen: Entweder können sie ein Drittel zurückbezahlen oder diesen Teil durch ein anderes Finanzinstitut ablösen. Bei kleinen Volumen ist dies schwierig. Ausnahmen sind deshalb für Finanzierungen bis zu einer Million Franken möglich.

Patrizia Obrist ist seit 2023 Direktorin der EGW. Die Bankkauffrau und Betriebsökonomin arbeitet seit 2018 für die EGW. Ernst Hauri, Dr. phil, übernahm 2020 das EGW-Präsidium. Er war von 2009 bis 2019 BWO-Direktor.

Ist es nicht unfair gegenüber langjährigen Kundinnen, wenn nun genau diese nicht berücksichtigt werden?
Obrist: Die aktuelle Situation ist für alle unbefriedigend, auch für uns. Es ist nicht so, dass wir den bisherigen Kundinnen keine Anschlussfinanzierungen anbieten. Sie können einfach nicht zu hundert Prozent verlängern. Man darf nicht vergessen, dass die EGW nur als Ergänzung zu Bankfinanzierungen gedacht ist. In unseren Bewilligungskriterien ist festgelegt, dass der Anteil der EGW-Finanzierungen am langfristigen Fremdkapital nicht höher als vierzig Prozent sein soll. Bei manchen gemeinnützigen Bauträgerinnen ist der Anteil mittlerweile deutlich höher und sollte sukzessive reduziert werden.
Hauri: Es wäre auch nicht fair und würde nicht unserem Förderauftrag entsprechen, wenn insbesondere diejenigen berücksichtigt werden, die bereits von den Finanzierungen profitieren und neue, junge Bauträger leer ausgehen. Die Konversionsquote existiert, damit die EGW keine geschlossene Gesellschaft wird.
Viele gemeinnützige Bauträger haben sich wahrscheinlich darauf verlassen, dass sie eine Finanzierung erhalten. Werden diese nun nicht Probleme haben, eine andere Finanzierungslösung zu finden beziehungsweise sich viel teurer finanzieren müssen?
Obrist: Wir sind uns bewusst, dass diese Situation für gemeinnützige Wohnbauträger eine Herausforderung darstellt. Wir und auch die beiden Dachverbände werden sie auf jeden Fall unterstützen und beraten.
Sollen nun am besten keine Gesuche mehr eingereicht werden?
Hauri: Überhaupt nicht! Wir sind froh, wenn wir auch weiterhin wissen, wie hoch das Interesse an den EGW-Finanzierungen ist. Dies hilft uns, das nötige Volumen für einen neuen Rahmenkredit abzuschätzen.
Obrist: Wohnbauträger, die unsicher sind, ob sie ein Gesuch einreichen sollen, dürfen sich gerne bei der Geschäftsstelle melden. Wir werden versuchen, eine Einschätzung abzugeben.
Kann nicht früher ein neuer Rahmenkredit beantragt werden? Das wäre angesichts der hohen Nachfrage und der aktuellen Wohnungsknappheit doch gerechtfertigt?
Hauri: Das ist leider sehr schwierig. Der politische Prozess für einen neuen Rahmenkredit dauert lange. Das Bundesamt für Wohnungswesen startet bereits in diesem Jahr mit den Vorbereitungen für einen neuen Kredit, der voraussichtlich ab Mitte 2027 zur Verfügung stehen dürfte.
Wird es einen neuen Rahmenkredit geben? Und wird er höher ausfallen?
Hauri: Das liegt in den Händen von Bundesrat und Parlament. Wir hoffen, dass der Bund aufgrund der hohen Nachfrage und der Situation im Wohnungsmarkt den Bedarf erkennt. Allerdings wurde beim letzten Rahmenkredit beschlossen, dass das Bürgschaftsvolumen nicht schneller wachsen darf als die Zahl der Haushalte. Ob Bundesrat und Parlament an diesem Planungsbeschluss festhalten werden, wird sich zeigen. Wir gehen davon aus, dass sich die beiden Dachverbände mit aller Kraft für einen ausreichend dotierten neuen Rahmenkredit einsetzen werden.
Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein? Wird angesichts von sinkenden Zinsen die Nachfrage nach den EGW-Finanzierungen wieder abnehmen?
Obrist: Ob die hohe Nachfrage längerfristig anhält, wissen wir zum heutigen Zeitpunkt nicht. Aktuell ist noch keine Entspannung in Sicht. Leider führt nicht jeder Zinsrückgang auch unmittelbar zu günstigeren Hypotheken auf dem Bankenmarkt.
Fakten & Zahlen
• Die EGW ist ein Instrument zur günstigen Finanzierung von Projekten gemeinnütziger Wohnbauträger. Sie gibt Ausleihen aus, die durch Bürgschaften des Bundes abgesichert sind.
• Seit ihrer Gründung hat die EGW 98 Emissionen mit einem Gesamtvolumen von 8,29 Milliarden Franken durchgeführt.
• Der aktuelle EGW-Rahmenkredit des Bundes läuft noch bis Ende 2027 und beläuft sich auf 1,7 Millionen Franken.