Rubrik: Recht

Bauen auf belastetem Boden

Rückstände ehemaliger Industriestandorte können zur Umweltbedrohung werden. In der Schweiz gibt es rund 38 000 belastete Areale, die zusammengerechnet gleich gross sind wie der Kanton Zug.1 Viele davon liegen in Bauzonen. Angesichts knapper Bodenressourcen nehmen deshalb Bauvorhaben auf belastetem Grund zu.

Gemäss Artikel 32c Absatz 1 des Umweltschutzgesetzes2 haben die Kantone dafür zu sorgen, dass Deponien und andere durch Abfälle belastete Standorte saniert werden, wenn sie zu schädlichen oder lästigen Einwirkungen führen oder die konkrete Gefahr besteht, dass solche Einwirkungen entstehen. Die Ausführungsvorschriften zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten wurden mit der Altlasten-Verordnung3 erlassen.

Altlasten und belastete Standorte
Im Volksmund wird der Ausdruck «Altlast» pauschal für eine Verunreinigung auf einem Grundstück verwendet. Gemäss Altlasten-Verordnung sind Altlasten sanierungsbedürftige belastete Standorte.4 Belastete Standorte, die diese Voraussetzungen erfüllen, können auf Ablagerungen zurückzuführen sein (Deponie­standorte) oder auf den ordentlichen Betrieb von Anlagen (Betriebsstandorte) oder auf ausserordentliche Ereignisse (Unfallstandorte). Der Sanierungsbedarf hängt davon ab, ob der Standort zu schädlichen oder lästigen Einwirkungen führt oder die konkrete Gefahr besteht, dass solche Einwirkungen entstehen. Die Beurteilung erfolgt anhand der Konzentra­tionswerte des Anhangs der Altlastenverordnung.
Umgangssprachlich wird der Begriff der Altlast teilweise auch für belastetes Erdmaterial verwendet, das im Zusammenhang mit Aushubarbeiten nicht auf einer normalen Deponie abgelagert werden kann. Die Anordnung einer gesetzeskonformen Entsorgung von belastetem, aber nicht sanierungsbedürftigem Aushubmaterial stellt aber keine Altlastensanierung im rechtlichen Sinne dar. Zudem darf auf einem belasteten Standort gebaut werden, sofern er durch das Bauvorhaben nicht sanierungsbedürftig wird.5 Schliesslich wird im Kaufvertrag die Gewährleistung oft nur für einen Sanierungsfall und nicht für einen belasteten Standort zugesichert.
Soll auf einem belasteten Standort ein Bauvorhaben realisiert werden, ist die Behörde berechtigt, diejenigen Massnahmen zu verlangen, damit es einerseits nicht zu einem Sanierungsbedarf kommt und damit andererseits eine spätere Sanierung nicht erschwert wird.6

Wer trägt die Kosten?
Belastete Standorte werden in einem kantonalen Register erfasst, dem Kataster der belasteten Standorte, das online eingesehen werden kann.7 Unter Umständen drängen sich vor dem Kauf eines Grundstücks weitere Abklärungen sowie eine Kontaktaufnahme mit den jeweiligen kantonalen Ämtern vor Baubeginn auf.
Ist eine Sanierung des belasteten Standortes nötig, stellt sich die Frage, wer die entstehenden Kosten zu tragen hat. In Frage kommen grundsätzlich der Verursacher, der Grundeigentümer oder das Gemeinwesen. Dem Inhaber des betreffenden Standortes obliegt die Durchführung von Untersuchungs-, Überwachungs- und Sanierungsmassnahmen grundsätzlich, unabhängig davon, ob er der Verursacher ist oder nicht. Die Ko­stentragung durch den Inhaber stellt aber nur eine vorläufige Regelung dar. Für die endgültige Regelung gilt das Verursacherprinzip. Bei einer Mehrzahl von Verursachern tragen diese die Kosten entsprechend ihren Anteilen an der Verursachung. Kann ein Verursacher nicht ermittelt werden oder ist er zahlungsunfähig, so übernimmt das zuständige Gemeinwesen die Kosten.

Sonderfall Asbest
Der Gebrauch der während ungefähr vierzig Jahren als Werkstoff verwendeten gesundheitsschädigenden Substanz Asbest ist seit 1990 in der Schweiz grundsätzlich verboten.8 Eine allgemeine Regel, wonach asbestbelastete Gebäude oder Anlagen umgehend zu sanieren wären, kennt das Schweizer Recht nicht. Das Bundesgericht hatte eine generelle Sanierungspflicht gestützt auf den Gesetzeswortlaut abgelehnt.9

Fazit
Bei ehemaligen Industriearealen sollte vor dem Kauf beziehungsweise vor Baubeginn abgeklärt werden, ob sie als sanierungsbedürftig oder belastet gelten. Zudem sollte der Kaufvertrag im Hinblick auf die Gewährleistung überprüft werden, um vorhersehbare Kosten vermeiden zu können.

  1. Vgl. die Broschüre Bauvorhaben und belastete Standorte des Bundesamtes für Umwelt, S. 5
  2. Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG; SR 814.01)
  3. Verordnung vom 26. August 1998 über die Sanierung von belasteten Standorten (SR 814.680, AltlV)
  4. Vgl. Art. 2 Abs. 3 AltlV
  5. Vgl. Art. 3 Bst. a AltlV
  6. Vgl. Art. 3 Bst. b AltlV
  7. http://maps.zh.ch
  8. Vgl. Anhang 1.6, Ziff. 2, der Verordnung zur Reduk­tion von Risiken beim Umgang mit bestimmten besonders gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und Gegenständen vom 18. Mai 2005 (Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung, ChemRRV; SR 814.81)
  9. Vgl. BGE 136 II 142 E. 3.2.4.

Thomas Elmiger,

Rechtsdienst

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