Myriam Vorburger,
Rechtsdienst
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Die Abgabe von Land im Baurecht gibt den Gemeinden und dem Bund die Möglichkeit, Einfluss auf die Ausgestaltung, den Betrieb und die Vermietung zu nehmen. Insbesondere können öffentliche Hand und andere bundesnahe Landbesitzer durch ein Baurecht bezahlbaren Wohnraum schaffen und dauerhaft erhalten.
Essentiell bei der Abgabe von Land im Baurecht ist, dass der Baurechtszins für die gemeinnützigen Wohnbauträger über die ganze Vertragsdauer tragbar sein muss. Die Politik strebt einerseits mehr bezahlbaren Wohnraum auf öffentlichem Land an, die einzelnen Träger dieser Politik sind jedoch immer weniger bereit, Subventionen dafür zu sprechen. Aber auch Genossenschaften haben den Anspruch, wirtschaftlich zu funktionieren und Anerkennung ihrer Leistungen zu erfahren und nicht als ewige Bittsteller dargestellt zu werden. Beides ist vereinbar, beide Seiten können profitieren.
Reduktion des Verkehrswerts ohne Subvention
Die traditionellen Baurechtsverträge errechnen den Baurechtszins aus dem Wert des Landes multipliziert mit einem Zinssatz. Die Verkehrswertschätzung des Landes erfolgt in der Regel mittels anerkannter Schätzungsmethoden durch ein Gutachten. Was dabei vollkommen unberücksichtigt bleibt, sind die Gegenleistungen der gemeinnützigen Wohnbauträger. Hierzu gehört vorneweg der Verzicht auf den potentiellen Ertrag. Gemeinnützige Wohnbauträger erleiden mit der Verpflichtung zur Kostenmiete eine Ertragseinbusse von durchschnittlich 26 Prozent.1
Dieser Verzicht auf Ertrag ist eine monetär messbare Leistung, die zu einer Reduktion des Verkehrswertes führen muss. Dieser Grundsatz wurde in der Studie «Baurecht unter der Lupe» bestätigt.2 Die Studie blieb in der Bewertung der Reduktion eher vorsichtig und hielt fest, dass eine Mindestreduktion von fünf Prozent gerechtfertigt sei. Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) hat basierend auf erwähnter Studie Empfehlungen ausgearbeitet, die sich zurzeit im Stadium der Vernehmlassung befinden. Auch das BWO hält Reduktionen im Umfang von mindestens 20 Prozent für Gegenleistungen der Wohnbauträger für gerechtfertigt.
Meiner Ansicht nach ist alleine für die Verpflichtung zur Kostenmiete und den damit einhergehenden Ertragsverzicht eine Reduktion von mindestens 15 Prozent gerechtfertigt. Dieser Erfahrungswert ergibt sich durch zahlreiche über die Jahre erfolgte Beratungen im Zusammenhang mit Baurechten. Bisher steht diese Behauptung ohne empirische Grundlage da, aber kürzlich hat das Bundesgericht einen wegweisenden Entscheid erlassen, der den Grundsatz bestätigt, die Verpflichtung zur Kostenmiete reduziere den Verkehrswert.
Aus dem Bundesgericht
In besagtem Entscheid3 hielt das Bundesgericht fest, dass es bei der Bewertung des Verkehrswertes des Landes nicht auf die potentiell bessere wirtschaftliche Nutzung (maximalen Ertrag) ankomme, sondern auf die am Stichtag geltenden objektiven Verhältnisse. Damit ist der reduzierte Ertrag der Kostenmiete relevant, nicht der Ertragswert unter Berücksichtigung der Marktmiete. Im konkreten Fall führte die Verpflichtung zur Kostenmiete zu einer Reduktion des Verkehrswertes von 18 Prozent! Zahlreiche gemeinnützige Wohnbauträger verpflichten sich im Baurechtsvertrag zu weiteren Nutzungsbeschränkungen, beispielsweise Vorgaben zur Ausnützung, Belegungsvorschriften, Einkommensvorschriften. Auch wird standardmässig eine Übertragungsbeschränkung festgehalten; eine Veräusserung ist nur an einen anderen gemeinnützigen Wohnbauträger möglich. Zudem bestehen nicht selten Kontroll- und Informationsrechte, die bis zu einem Sitz eines Gemeindedelegierten im Vorstand gehen. Nicht zu vernachlässigen sind Zusatzkosten für hohen energetischen Standard sowie für behinderten- und altersgerechtes Bauen.
In Zusammenarbeit mit dem Bund wurde eine Studie bei Wüest Partner in Auftrag gegeben, die die empirische Grundlage für die Reduktionen erforschen soll.
Win-win-Situation
Wichtig ist, dass solche Zusatzleistungen und Nutzungsbeschränkungen aus rein wirtschaftlichen Überlegungen zu einer Reduktion des Verkehrswertes führen müssen. Von Subvention kann aufgrund des heutigen Kenntnisstands nicht mehr gesprochen werden. Mit dieser Methode werden die Baurechtszinsen trotz gestiegenen Landwerten für die gemeinnützigen Wohnbauträger tragbar, und bezahlbarer Wohnraum kann auf diesem Baurechtsland entstehen. Natürlich sind zusätzliche Subventionen trotzdem möglich, wenn der Wohnbauträger Aufgaben der Gemeinde übernimmt oder der Wohnbauträger durch ein Projekt Steuerzahler der Gemeinde zuführt.
Der Bund sowie viele Gemeinden erkennen das Potential und die wirtschaftliche Gerechtigkeit in diesem System. Gemeinden können auf diese Art den Bau und Betrieb mitgestalten. Wirtschaftlich ist der Preis des Baurechts nachvollziehbar und fair. Aber aufgrund des Wegfalls der subventionsbedingten Reduktion ist das Baurecht politisch vertretbar.