Martin Bachmann,
Rechtsdienst
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Mitunter können Generalversammlungen hitzige Debatten und umstrittene Entscheide hervorbringen. Ordnungsgemässe und aussagekräftige Protokolle sind daher umso wichtiger. Dafür hat der Vorstand zu sorgen.
Das Protokoll ist zugleich Beweis- wie auch Informationsmittel. Es soll über die von der Generalversammlung gefassten Entscheide und allenfalls über die Beweggründe, die diesen zugrunde liegen, Auskunft geben. Zudem soll es Beleg dafür sein, dass die Entscheide rechtsgültig zustande gekommen sind. Dadurch lässt sich das Protokoll in einem späteren Straf- oder Zivilprozess als Verteidigungsmittel aufführen. Ausserdem bildet das Protokoll die Richtschnur für die Umsetzung der Entscheide der Generalversammlung durch den Vorstand. Hingegen ist die Protokollführung nicht Gültigkeitserfordernis für das Zustandekommen eines Beschlusses.
Gesetzliche und statutarische Anforderungen
Gemäss Art. 902 Abs. 3 OR ist der Vorstand dafür verantwortlich, dass die Protokolle der Generalversammlung geführt werden. Darüber hinaus findet sich keine Bestimmung zur Protokollführung im Genossenschaftsrecht. Trotzdem kann im Allgemeinen gesagt werden, dass die Überschrift eines Protokolls folgende Angaben enthalten muss: Name und Sitz der Genossenschaft, Datum, Zeit und Ort der Generalversammlung, Anzahl der anwesenden und vertretenen Mitglieder, Bezeichnung des Vorsitzenden, des Protokollführers und der Stimmenzähler sowie Angabe der Traktanden. Weiter ist das Protokoll in Form eines Beschlussprotokolls zu führen. Dieses gibt im Wesentlichen nur die Anträge und Ergebnisse der Abstimmungen und Wahlen wieder. Dazu gehören Beschlüsse über materielle Anträge ebenso wie Entscheidungen über formelle Ordnungsanträge. Zudem ist das jeweilige Stimmenverhältnis des Beschlusses anzugeben.1 Im Weiteren ist meines Erachtens die Regelung des Aktienrechts (Art. 702 Abs. 2 OR) sinngemäss anzuwenden. Danach sind die Begehren um Auskunft und die darauf erteilten Antworten sowie die von den Mitgliedern ausdrücklich zu Protokoll gegebenen Erklärungen protokollarisch festzuhalten. Schliesslich sind die Protokolle vom Vorsitzenden und vom Protokollführer zu unterzeichnen.2
In den Statuten oder Reglementen können die gesetzlichen Minimalanforderungen an die Protokollführung konkretisiert oder erweitert werden, wovon aber abzuraten ist. Dennoch empfiehlt es sich, bei wichtigen Geschäften oder strittigen Traktanden ein ausführlicheres Protokoll zu erstellen. Dabei ist der Gang der Beratung in geraffter Form im Protokoll festzuhalten.3 Damit erhöhen sich Beweiswert und Informationsgehalt des Protokolls. Geht es um Rekurse eines einzelnen Mitglieds, insbesondere gegen einen Ausschlussbeschluss des Vorstandes, so ist ein Beratungsprotokoll unbedingt erforderlich. Andernfalls sieht sich das betroffene Mitglied ausser Stande, den Rekursentscheid vor Gericht sachgerecht anzufechten (Art. 846 Abs. 3 OR).4
Der Protokollführer
Die Verantwortung für die Protokollführung liegt beim Vorstand, somit kann er ohne Zutun der Generalversammlung den Protokollführer bestimmen. Dieser braucht nicht Mitglied des Vorstandes und auch nicht Genossenschafter zu sein. Vorbehalten bleiben anders lautende statutarische Bestimmungen. Wenn möglich, sollte der Protokollführer nicht aktiv an den Diskussionen teilnehmen, sondern sachlich und neutral die Beratung verfolgen und entsprechend protokollieren.5 Wird die Generalversammlung als Hilfe für den Protokollführer auf einen Tonträger aufgezeichnet, muss dies zu Beginn der Versammlung bekanntgegeben werden (Art. 179ter StGB).
Genehmigung des Protokolls
Eine gesetzliche Pflicht dazu fehlt. Daher ist es auch nicht zwingend, an der Generalversammlung das vorjährige Generalversammlungsprotokoll verlesen oder genehmigen zu lassen, soweit dies nicht statutarisch vorgesehen ist. Jedoch sollte das Protokoll baldmöglichst erstellt und den Mitgliedern zugestellt werden. Auf jeden Fall sind die Protokolle der Generalversammlung mindestens zehn Jahre aufzubewahren (Art. 958f Abs. 1 OR).
Überarbeitetes "Mietrecht für die Praxis"
Das vom Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz herausgegebene Standardwerk «Mietrecht für die Praxis» wurde im Rahmen der 9. Auflage vollständig überarbeitet. Neuerungen in der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre wurden bis Juni 2016 berücksichtigt. Auf die Besonderheiten im Zusammenhang mit der Vermietung von Genossenschaftswohnungen wird an diversen Stellen eingegangen. Bezug: info@mieterverband.ch, 044 243 40 40, www.mieterverband.ch (Mitglieder 95 Franken, Nichtmitglieder 153 Franken)