Thomas Elmiger,
Rechtsdienst
thomas.elmiger@wbg-schweiz.ch
Technische Fortschritte machen einen immer höheren Einrichtungsstandard von Wohnungen möglich. Welchen Mindeststandard können Mieter:innen erwarten, und wann liegt ein Mangel vor?
2023/07
Die Vermieterin ist gemäss Art. 256 Abs. 1 OR verpflichtet, das Mietobjekt in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und in demselben zu erhalten. In Mietverträgen über Wohn- oder Geschäftsräume darf von diesem Grundsatz nicht zu Ungunsten der Mieter:innen abgewichen werden (Art. 256 Abs. 2 OR). Der vorausgesetzte Gebrauch ergibt sich jeweils aus dem Mietvertrag und allenfalls auch aus den Umständen vor dem Vertragsabschluss.
Eine stillschweigende Vereinbarung über den vorausgesetzten Ausbaustandard stellt der technische Zustand der Mietsache zum Zeitpunkt einer Besichtigung beziehungsweise des Vertragsabschlusses dar.¹ Bei Ausschreibungen des Mietobjekts können Angaben über die Wohnung je nach den Umständen, der gewählten Formulierung und dem Detaillierungsgrad die Tragweite einer Zusicherung haben oder aber auch eine unverbindliche Beschreibung darstellen.²
Unabhängig vom expliziten Vertragsinhalt oder anderweitigen Zusicherungen wird die Gebrauchstauglichkeit mitbestimmt durch allgemein anerkannte Regeln der Technik und durch eine allfällige Verkehrsanschauung.³ Minimalen Standard für Wohnräume stellen hierzulande sicherlich die Beheizbarkeit, fliessendes Wasser, Abschlussvorrichtungen sowie ein Stromanschluss dar. Generell haben technische Einrichtungen die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten und dürfen keine Gefahr für Mieterinnen und Mieter oder für Besuchende darstellen. Zudem haben die im Mietobjekt vorhandenen Installationen zu funktionieren.
Keine Modernisierungspflicht
Bei Altbauten stellt sich regelmässig die Frage, welchen Standard Mieter:innen erwarten dürfen. Für die Vermieterin besteht keine grundsätzliche Verpflichtung zur Modernisierung der Wohnung. Sie muss also in der Mietwohnung nicht permanent den neusten Stand der Technik gewährleisten. Beispielsweise ist sie nicht verpflichtet, in der Küche einen Induktionsherd einbauen zu lassen. Welchen Mindeststandard aber dürfen Mietende erwarten und für welche Ausstattung haben sie selbst aufzukommen?
Telekommunikationsanlagen
Gesetzliche Vorgaben, die den Vermieter zu einer bestimmten Anschlussleistung der Telekommunikationsanlagen verpflichten, bestehen nicht. Beim Bezug einer neuen Wohnung können Mieter:innen aus miet- wie auch aus fernmelderechtlicher Sicht nicht einfach davon ausgehen, dass die passenden Anschlüsse und Kabel für Fernmeldegeräte vorhanden sind. Zum Anschluss des Telefons und anderer Fernmeldegeräte sind individuelle Lösungen nötig. Seit der Revision des Fernmeldegesetzes⁴ im Jahr 2007 haben die Mietenden das Recht, den Einbau beziehungsweise das Aufschalten von Kabelanschlüssen zu verlangen, wenn sie die Kosten dafür übernehmen.⁵ Der Eigentümer muss Anschlüsse bis in die Wohnungen dulden, wenn eine Anbieterin von Fernmeldediensten dies verlangt und die Kosten dafür übernimmt.
Die Vermieterin muss nur den Anschluss zur Verfügung stellen, und es wird davon ausgegangen, dass es zur individuellen Wohnungsausrüstung durch die Mieter:innen gehört, einen Telefonanschluss funktionsfähig zu machen.
Warmwasser rund um die Uhr?
Wiederholte Unterbrechungen der Warmwasserversorgung berechtigen bekanntlich zu einer Mietzinsherabsetzung.⁶ Heisst dies aber im Umkehrschluss, dass Warmwasser rund um die Uhr zur Verfügung gestellt werden muss? Im Entscheid des Genfer Cour de Justice vom 5. Februar 2007 wird die Rechtslage in E. 3.4 dahingehend dargelegt, dass das Fehlen von warmem Wasser am Morgen und am Abend für Berufstätige eine nicht vernachlässigbare Unannehmlichkeit und damit einen Mangel darstelle. Die Arbeit zu Randzeiten, also zum Beispiel nachts, frühmorgens oder am Wochenende, hat bekanntlich in den letzten Jahren enorm zugenommen, weswegen das Fehlen von Warmwasser zu dieser Zeit als einschneidend zu bezeichnen ist. In der deutschen Rechtsprechung wird eine Pflicht zur Bereitstellung von Warmwasser rund um die Uhr bejaht.⁷ Dieser Grundsatz dürfte auch für die Schweiz Geltung beanspruchen, da die jederzeitige Warmwasserversorgung mittlerweile zum vorausgesetzten Gebrauch einer Mietwohnung gehört.
Fazit
Ein allgemeiner mietrechtlicher Mindestausbaustandard für Wohnungen gibt es nur sehr beschränkt beziehungsweise bezieht er sich regelmässig nur auf das Grundlegendste. Der Minimalstandard hat sich aber im Laufe der Jahre teilweise weiterentwickelt, was sich insbesondere bei der Warmwasserversorgung zeigt. Eine allgemeine Modernisierungspflicht seitens des Vermieters gibt es aber nicht. In gewissen Fällen – wie zum Beispiel bei den Telekommunikationsanlagen – ist es aufgrund der Wahlfreiheit sogar Sache der Mieterin, sich um die Leistungsfähigkeit des Anschlusses zu kümmern.