Rubrik: Recht

Wie kann ein mitvermieteter Parkplatz gekündigt werden?

Wird ein Parkplatz zusammen mit einer Wohnung oder einem Geschäftsraum vermietet, ist bei einer separaten Vermieterkündigung des Parkplatzes Vorsicht geboten. Mit einem zweistufigen Prüfungsverfahren kann ermittelt werden, inwieweit die mietrechtlichen Kündigungsschutzbestimmungen für die mitvermietete Sache beachtet werden müssen.

2024/04

Die Schutzbestimmungen des Mietrechts gelten ebenfalls für Nebensachen, die zusam­men mit Wohn- und Geschäftsräumen mitvermietet werden (Art. 253a Abs. 1 OR). Nebensachen können Mobilien wie Möbel, Maschinen oder Schilder sein, die der Ausstattung der Mietsache dienen.¹ In der Praxis häufig relevant sind unbewegliche Nebensachen wie Garagen-, Autoeinstell- und Abstellplätze.² Die Liste wurde von der Doktrin und der Praxis erweitert: Estriche, Keller, Lagerräume und Gartenhäuser können ebenfalls eine mitvermiete Sache darstellen.³

Persönlicher und funktioneller Zusammenhang
Bei mehreren vermieteten Sachen ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Nebensache als mitvermietet im Sinne von Art. 253a Abs. 1 OR gilt. Entscheidende Kriterien dabei sind der persönliche und funktionelle Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebensache. Die Mietparteien (Mieter:in und Vermieter:in) der Haupt- und Nebensache müssen identisch sein. In sachlicher Hinsicht muss die Nebensache der Hauptsache funktionell dienen.⁴
Die Anzahl der Verträge – wenn also separate Verträge für die Wohnung und den Parkplatz vorliegen – oder der Zeitpunkt verschiedener Vertragsabschlüsse ist hierbei nicht entscheidend. Die geografische Nähe zwischen der Haupt- und der Neben­sache kann als Auslegungshilfe die­nen zur Bestimmung, ob ein funktioneller Zusammenhang besteht.⁵
Mietet ein Wohnungsmieter einen Ein­stellplatz in der nahegelegenen Tiefgarage von derselben Vermieterin, ist regelmässig von einer mitvermieteten Sache nach Art. 253a Abs. 1 OR auszugehen. Die Schutz­bestimmungen des Mietrechts, etwa die Kündigungsschutzbe­stim­mun­gen, kommen in diesem Fall auch für den Parkplatz (die Nebensache) zur Anwendung.

Einheitliches oder zusammen­hängendes Mietverhältnis?
Liegt dieser besondere Zusammenhang vor, ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob ein einheitliches oder ein zusammenhängendes Mietverhältnis vorliegt. Dies bestimmt, ob Haupt- und Nebensache bei einer Kündigung das gleiche rechtliche Schicksal teilen. Der Parteiwille ist das entscheidende Kriterium. Sollen nach dem Willen beziehungsweise Interesse der Parteien die Mietverträge als ein untrennbares Ganzes gelten? Dies kann aus dem Vertrag oder den Verträgen hervorgehen. Wenn feststeht, dass die eine Sache nicht ohne die andere gemietet worden wäre, deutet dies auf ein einheitliches Mietverhältnis hin. Gleiches gilt, wenn nur ein einziger Mietvertrag abgeschlossen wurde. Hingegen deuten separate Mietverträge auf ein zusammenhängendes Mietverhältnis hin, dies insbesondere, wenn sie zu verschiedenen Zeitpunkten abgeschlossen wurden.⁶ Kann jedoch der Vermieter die Nebensache nach Auflösung des Mietverhältnisses anderweitig vermieten, ist eine isolierte Betrachtung der beiden Mietverträge eher gerechtfertigt.⁷
Um Unklarheiten bei mehreren Mietobjekten zu vermeiden, kann es ratsam sein, den Parteiwillen im Vertrag beziehungsweise den Verträgen festzuhalten. Wird ein plötzlich freiwerdender Parkplatz einer Genossenschaft nur auf Zusehen hin vermietet, sollte dieser Umstand ebenfalls schriftlich festgehalten werden.

Rechtsfolgen
Liegt ein einheitliches Mietverhältnis zwischen Wohnung und Parkplatz vor, teilen Haupt- und Nebensache das gleiche rechtliche Schicksal. Grundsätzlich ist die alleinige Kündigung der Nebensache, zum Beispiel des Parkplatzes, nicht zulässig, da dies als nichtige Teilkündigung betrachtet würde. Die Vermieterin könnte in diesem Fall nach den Bestimmungen über die einseitige Vertragsänderung nach Art. 269d OR vorgehen, wenn sie dem Mieter die Nebensache entziehen will.⁸
Besteht lediglich ein zusammenhängendes Mietverhältnis, kann die Nebensache getrennt von der Hauptsache gekündigt werden.⁹ Es ist zum Beispiel zulässig, für den Parkplatz kürzere Kün­digungsfristen oder andere Kündigungstermine im Vergleich zum Wohnungsmietvertrag zu vereinbaren. Die Schutzbestim­mungen des Mietrechts sind jedoch zu berücksichtigen. Eine durch die Vermieterin versendete Parkplatzkündigung ist mit amtlichem Formular mitzuteilen, andernfalls ist die Kündigung nichtig. Gehört der Parkplatz zu einer Familienwohnung, muss die Kündigung des Parkplatzes mit amtlichen Formularen an beide Ehegatten in zwei separaten Sendungen erfolgen. Wird eine solche Parkplatzkündigung angefochten, ist die Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen zuständig und der Mieter hat die Möglichkeit, eine Erstreckung zu verlangen.

  1. Püntener in: Mietrecht für die Praxis, 10. Aufl., Zürich 2022, S. 104
  2. Vgl. Art. 1 Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG)
  3. Berner Kommentar-Giger, N 35 zu Art. 253a OR
  4. BGE 125 III 231, E.2.a
  5. Berner Kommentar-Giger, N 35 zu Art. 253a OR
  6. SVIT-Kommentar-Rohrer, N 18 ff. zu Art. 253a OR
  7. Berner Kommentar-Giger, N 38 zu Art. 253a OR
  8. SVIT-Kommentar-Rohrer, N 19 zu Art. 253a OR
  9. BGE 137 III 123 E. 2.1

Cornelia Fleischli,

Rechtsdienst

cornelia.fleischli@wbg-schweiz.ch