Wohnpolitischer Rückblick auf die ausklingende Legislatur
Wohnpolitische Blockade
In den letzten vier Jahren hat das Parlament mietrechtliche Themen klar entlang des Links-rechts-Schemas verhandelt. Die Positionen sind teils so verhärtet, dass der Rechtsprechung eine immer grössere Rolle zukommt. Welche Themen prägten den Wohnungsmarkt? Wo gab es wohnpolitische Durchbrüche? Wo wird nach wie vor hart gerungen?
Von Lea Gerber | Bilder: Parlamentsdienste (Rob Lewis), Martin Bichsel, Margherita Delussu | 2023/07
Zu Beginn der Legislatur stand der gemeinnützige Wohnungsbau schweizweit im Rampenlicht: Die nationale Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» kam im Februar 2020 zur Abstimmung. Zwar fand die Initiative bei der Stimmbevölkerung keine Mehrheit. Doch wurden dank ihr immerhin die bestehenden Förderinstrumente des Bundes – namentlich der Fonds de Roulement – gestärkt.
Wenig später dominierte ein einziges Thema den öffentlichen Diskurs: Die Bekämpfung der Corona-Pandemie. Mit der behördlich verordneten Schliessung vieler Geschäfte stellte sich ab März 2020 die Frage, ob betroffene Betriebe die Geschäftsmieten dennoch bezahlen müssen. Diese Frage entwickelte sich zu einem der grossen Zankäpfel in der Vermietungspolitik. So viel voraus: Die Vorlage erlitt einen spektakulären Schiffbruch und zeigt exemplarisch auf, wie Blockadepolitik funktioniert.
Mietrecht und Wohnungsnot im Fokus
Auch eine ausgewogene Revision des Mietrechts, wie sie der Ständerat im Dezember 2020 forderte, fand keine Mehrheit. Die Fronten blieben in der 51. Legislatur verhärtet. Linke Anliegen zur Stärkung des Mietrechts waren im Parlament allesamt chancenlos. Hingegen stimmte dieses 2023 strengeren Regeln für die Untervermietung sowie Erleichterungen beim Anmelden von Eigenbedarf zu. Zudem urteilte im Oktober 2020 das Bundesgericht, dass die zulässige Nettorendite zu tief sei, und griff damit dem parlamentarischen Prozess vor.
Während im Juni 2020 knapp 80 000 Wohnungen leer standen und die Leerstandsquote hohe 1,72 Prozent betrug, sah das Bild zwei Jahre später bereits ganz anders aus. Die Leerstandsziffer ging rasant zurück und lag nur noch bei 1,31 Prozent. Waren zu Beginn der Legislatur die vielen leerstehenden Wohnungen an schlecht angebundenen Lagen in den Medien, sprach man nun überall von einer sich anbahnenden Wohnungsnot. Im Frühling 2023 lud Bundesrat Guy Parmelin deshalb alle Interessengruppen zu einem runden Tisch zur Wohnungsknappheit. Resultate daraus sollen im Frühjahr 2024 vorliegen.
Steigende Mieten und wohnpolitische Brocken
Während die Wohnungsknappheit ein eher hausgemachtes Problem ist, betrafen die Schweiz auch europa- und weltweite Entwicklungen. Kaum hatte man Corona einigermassen im Griff, kam die nächste Krise: Die Jahre 2022 und 2023 waren stark geprägt vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit einhergehende Inflation. Wegen der Inflation erhöhte die Nationalbank ihren Leitzins, was zu einem Anstieg der Hypothekarzinsen führte. Im Juni 2023 wurde in der Folge der hypothekarische Referenzzinssatz erstmals seit seiner Einführung erhöht. Da er eine massgebliche Rolle bei der Berechnung der Mietzinse spielt, sind auch die Mieten erhöht worden, wodurch wiederum die Teuerung angeheizt wird. Es droht ein Teufelskreis: Die Nationalbank will mit Zinserhöhungen die Inflation bekämpfen, die dadurch steigenden Mieten heizen die Inflation aber weiter an.
Angesichts der steigenden Mieten und drohenden Wohnungsnot wurden besonders viele Vorstösse zum Thema Wohnen und Raumplanung eingereicht. Daneben behandelte das Parlament aber auch grosse wohnungspolitische Brocken, um die zum Teil schon Jahrzehnte gerungen wird. Während ein Anlauf zur Revision der Lex Koller bereits scheiterte, bleibt die Abschaffung des Eigenmietwerts in der parlamentarischen Beratung. Intakte Chancen durchzukommen, haben die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes, die das Bauen ausserhalb der Bauzonen betrifft, und Änderungen beim Lärmschutz. Ein detailliertes Bild zu den wohnpolitisch relevanten Geschäften bieten die folgenden Themenblöcke. Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung zur Performance des Parlaments.
Wohnpolitische Geschäfte im Parlament
Gemeinnütziger Wohnungsbau
Mit der nationalen Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» konnte das Stimmvolk im Februar 2020 darüber abstimmen, ob künftig zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen im Besitz von gemeinnützigen Wohnbauträgern sein sollen. Zwar lehnten 57 Prozent der Stimmenden die Initiative ab; gemäss der Nachbefragung begründeten die Neinstimmenden ihre Ablehnung mehrheitlich damit, dass die Initiative regionalen Gegebenheiten zu wenig Berücksichtigung schenke. Die eigentliche Kernforderung war aber offenbar wenig bestritten: Die Mehrheit der Befragten vertrat die Ansicht, dass das Angebot an günstigem Wohnraum erhöht werden muss, und befürwortete auch eine stärkere Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus.
Der Bundesrat hatte der Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» einen indirekten Gegenvorschlag gegenübergestellt: Im Falle einer Ablehnung solle der Fonds de Roulement, aus dem zinsgünstige Darlehen an gemeinnützige Wohnbauträger vergeben werden, um 250 Millionen Franken aufgestockt werden. Das Parlament hatte sich bereits 2019 für diese Variante ausgesprochen. Nach der Ablehnung der Initiative trat die Aufstockung des Fonds in Kraft.
Neben dem Fonds de Roulement fördert der Bund den gemeinnützigen Wohnungsbau mit einem zweiten Instrument: den Eventualverpflichtungen für die Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger (EGW). Der bisherige Rahmenkredit lief 2021 aus. Im September 2020 beantragte der Bundesrat dem Parlament für die Periode 2021 bis 2027 einen neuen Rahmenkredit von 1,7 Milliarden Franken. Damit sollen die Anleihen der EGW verbürgt werden, wodurch gemeinnützige Bauträger von günstigen Finanzierungen profitieren. Diese Mittel würden nur eingesetzt, wenn eine Bürgschaft eingelöst werden müsste, was seit Inkrafttreten des Wohnraumförderungsgesetzes im Jahr 2003 noch nie der Fall war. Beide Räte stimmten der Vorlage sehr deutlich zu.
Revision Mietrecht
Beim Mietrecht blieben die Fronten verhärtet: Die linken Anliegen zur Stärkung des Mietrechts waren im Parlament allesamt chancenlos. Doch auch den Bürgerlichen gelang kein grosser Durchbruch, sie erzielten bloss einzelne Teilerfolge. Im März 2023 beschloss der Nationalrat strengere Regeln für die Untervermietung. Eine Untervermietung soll künftig auf zwei Jahre beschränkt und nur noch möglich sein, wenn Vermietende explizit schriftlich zugestimmt haben. Auch sollen die Vermieter mehr Instrumente in die Hand bekommen, um eine Untervermietung gegebenenfalls zu unterbinden. Die grosse Kammer stimmte diesen Verschärfungen gegen den Willen des Bundesrats zu.
Ausserdem nahm der Nationalrat – ebenfalls gegen die Empfehlung des Bundesrats – eine zweite parlamentarische Initiative an, die es Vermieterinnen künftig vereinfacht, Eigenbedarf anzumelden. Die Rechtskommission des Ständerats hatte beiden Vorlagen im Juni 2023 zugestimmt, die Zustimmung des Ständerats erfolgte in der Herbstsession im September. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses waren die Schlussabstimmungen noch ausstehend.
Zahlreiche weitere parlamentarische Initiativen und Vorstösse verlangen eine Änderung der Modalitäten zur Festlegung und Überprüfung der Mietzinse. Sie befinden sich in verschiedenen Beratungsphasen. Die Rechtskommission des Ständerats forderte eine «ausgewogene Revision der Regeln zur Mietzinsgestaltung bei Wohn- und Geschäftsräumen». Der Ständerat unterstützte das Anliegen. Der Nationalrat hingegen lehnte es ab – mit der Begründung, dass die Positionen in den Räten sowie zwischen den Vertreter:innen der Mieter- und Vermieterschaft zu verhärtet seien. Daran änderte auch ein von Bundesrat Guy Parmelin eigens für das Thema organisierter runder Tisch nichts. Im September 2022 gab der Bundesrat bekannt, dass die Gespräche nicht fortgesetzt würden.
Zulässige Nettorendite
Aufgrund der politischen Blockade in der Mietrechtsrevision nimmt die Rechtsprechung eine grosse Rolle ein. So urteilte das Bundesgericht im Oktober 2020, die aus dem Mietertrag resultierende Rendite für Immobilienbesitzer:innen sei zu klein. Konnte das investierte Eigenkapital bisher nur zu vierzig Prozent an die Teuerung angepasst werden, soll nun eine Anpassung in vollem Umfang möglich sein. Weiter darf der Ertrag den hypothekarischen Referenzzinssatz neu um zwei Prozent übersteigen (bisher: 0,5 Prozent), sofern der Referenzzinssatz nicht mehr als zwei Prozent beträgt. Das Bundesgericht begründete seinen Entscheid damit, dass die Zinssätze seit der letzten Rechtsprechung erheblich und nachhaltig gesunken seien.
Mit diesem Entscheid griff das Bundesgericht dem parlamentarischen Prozess vor. So wollte eine hängige parlamentarische Initiative des FDP-Nationalrats Olivier Feller die Möglichkeiten zur Anfechtung missbräuchlicher Mietzinse mittels Anhebung der zulässigen Nettorendite einschränken. CVP-Ständerat Stefan Engler verlangte Ende 2022 in einer Motion vom Bundesrat, im Hinblick auf eine allfällige Erhöhung des Referenzzinssatzes auf mehr als zwei Prozent eine Regelung zur zulässigen Nettorendite für Wohn- und Geschäftsliegenschaften vorzulegen. Die Rechtskommission des Ständerats hat sich im Juni 2023 einstimmig für die Motion ausgesprochen.
Lex Koller
Die Wirtschaftskommission des Nationalrats nahm sich 2021 einen weiteren Dauerbrenner vor: das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland («Lex Koller»). Die Kommission forderte den Bundesrat in einer Motion auf, einen Vorentwurf einer Revision der Lex Koller dem Parlament vorzulegen. Die Motion passierte im Herbst 2021 erfolgreich den Nationalrat, der Ständerat lehnte sie dann jedoch in der Frühlingssession 2022 ab.
Ebenfalls lehnte der Ständerat im Sommer 2021 eine Motion der Grünen Ständerätin Lisa Mazzone ab, die es in der Schweiz ansässigen aussereuropäischen Staatsangehörigen ermöglichen wollte, Anteilscheine von Wohnbaugenossenschaften zu erwerben. Wohnbaugenossenschaften Schweiz konnte diesen Entscheid nicht nachvollziehen und kritisierte die negative Haltung des Ständerats.
Abschaffung des Eigenmietwerts
Das aktuelle System der Wohneigentumsbesteuerung verlangt von den Besitzer:innen von selbst bewohntem Wohneigentum, dass sie eine Steuer auf ihre theoretischen Mieteinnahmen zahlen. Dieser «Eigenmietwert» ist vielen Wohneigentümer:innen schon lange ein Dorn im Auge. Vorlagen zur Abschaffung scheiterten aber schon mehrfach an der Urne und ebenso im Parlament. Befürworter:innen des Eigenmietwerts argumentieren, dass dieser steuerpolitisch sinnvoll sei. Denn wer Immobilien besitzt, hat auch steuerliche Vorteile: Zum Beispiel können Hypothekarzinsen oder Unterhaltskosten von den Steuern abgezogen werden. Eine Abschaffung des Eigenmietwerts könnte – je nach Ausgestaltung – grosse Mindereinnahmen für Bund und Kantone zur Folge haben.
Im Februar 2019 schickte die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S) einen Vorentwurf in die Vernehmlassung, an der sich auch der Verband Wohnbaugenossenschaften Schweiz beteiligte. Seither pendelt das Geschäft zwischen dem Nationalrat und dem Ständerat hin und her. Uneinig ist man sich insbesondere über die Abschaffung der Abzüge; der Ständerat möchte gewisse Abzüge unter bestimmten Bedingungen weiterhin ermöglichen, der Nationalrat will sie weitgehend streichen.
Lärmschutz
Das Lärmschutzrecht verhinderte in den vergangenen Jahren immer wieder innerstädtische Bauvorhaben. Auch Projekte von Baugenossenschaften sind blockiert. GLP-Nationalrat Beat Flach forderte bereits 2016 in einer Motion, die Siedlungsentwicklung nach innen nicht durch unflexible Lärmmessmethoden zu behindern. Er forderte den Bundesrat auf, das Umweltschutzgesetz (USG) und/oder die Lärmschutzverordnung (LSV) anzupassen. Beide Kammern stimmten der Motion zu.
Im Dezember 2022 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament die Botschaft zur Änderung des Umweltschutzgesetzes. Darin schlägt er eine Neuregelung für Baubewilligungen an lärmexponierten Lagen vor. Wer gewisse Anforderungen erfüllt, soll trotz überschrittener Grenzwerte bauen dürfen. Nun geht der Vorschlag des Bundesrats in die parlamentarische Beratung. Ende Oktober wird sich die Umweltkommission des Ständerats damit befassen.
Covid und Geschäftsmieten
Zur Bekämpfung des Coronavirus blieben viele Betriebe geschlossen. Unmittelbar nach der behördlich verordneten Schliessung kam die Frage auf, ob Geschäftsmieten für die Dauer der Schliessung geschuldet seien. Während sich die Mieterseite auf den Standpunkt stellte, dass für diese Zeit ein Mangel des Mietobjekts vorliege, vertrat die Vermieterseite die Ansicht, dass eine Betriebsschliessung in den Risikobereich der Betreibenden falle. Zur Klärung dieser Frage setzte der Bundesrat eine Task Force ein, in der neben Mieter- und Vermieterorganisationen sowie Städten und Kantonen auch der Dachverband einsass. Der Bunesrat kam schliesslich zum Schluss, er wolle nicht in die vertraglichen Beziehungen zwischen Privaten eingreifen, und forderte die Vertragsparteien auf, «im Dialog konstruktive und pragmatische Lösungen» zu finden.
Das Parlament hingegen befand, der Bund solle Regelungen beschliessen. In der ausserordentlichen Coronasession im Frühjahr 2020 konnten sich die beiden Räte jedoch nicht einigen. Im Nachgang zeichnete sich in den Kommissionen dann ein Kompromiss ab, der eine Aufteilung der Mieten im Verhältnis von 40 zu 60 auf die Mieter- und Vermieterschaft vorsah. In der Sommersession 2020 beauftragte das Parlament den Bundesrat, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten. In der Wintersession 2020 versenkte es jedoch ebendieses Gesetz, das es ein halbes Jahr zuvor selbst in Auftrag gegeben hatte.
In der Zwischenzeit beschlossen einige Kantone und Gemeinden eigene Lösungen. Die mietrechtliche Frage, ob die von den bundesrätlich angeordneten Schliessungen betroffenen Geschäfte überhaupt Miete zu bezahlen hätten, bleibt weiterhin ungeklärt. Erste Urteile der Mietgerichte Genf und Zürich fielen zu Ungunsten der Mietenden aus, wurden jedoch weitergezogen. Bis ein richtungsweisendes letztinstanzliches Urteil vorliegt, dauert es wohl noch einige Jahre. Je nachdem könnten hohe Rückforderungen auf Vermietende zukommen.
«Es braucht ein nationales Förderprogramm»
Drei Fragen an Eva Herzog, Ständerätin und Präsidentin Wohnbaugenossenschaften Schweiz.
Wohnen: Für welche Themen haben Sie sich in Ihrer ersten Legislatur im Ständerat eingesetzt?
Eva Herzog: Neben den wohnungspolitischen Geschäften standen für mich die Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern, gute Beziehungen zu Europa, der Wissens- und Forschungsstandort Schweiz sowie Umwelt- und Energiefragen im Vordergrund. Mit Corona, dem Angriffskrieg auf die Ukraine und der CS-Rettung war es eine Zeit der Krisen, die sich nun fortsetzt mit steigender Inflation und steigenden Mieten.
Welchen Stellenwert hatten wohnungspolitische Geschäfte im Ständerat, und welche davon gaben am meisten zu reden?
Gegen Ende der Legislatur bekamen wohnungspolitische Fragen mehr Gewicht. Mit den steigenden Mieten und der Wohnungsknappheit wurde über Massnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum diskutiert. Es gab bereits etliche Vorstösse, aber Eingriffe in den Wohnungsmarkt werden von bürgerlicher Seite meist erfolgreich bekämpft, obwohl es offensichtlich ist, dass der Markt allein nicht gegen die steigenden Mieten ankommt. Es braucht ein nationales Förderprogramm zur Erhöhung des Anteils gemeinnütziger Wohnungen. Auch das Vorkaufsrecht für Gemeinden darf kein Tabu sein.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen der nächsten Legislatur? Welches sind Ihre Ziele?
Wir müssen unser Verhältnis zu Europa schnellstmöglich klären. Ohne Stromabkommen mit der EU werden wir auch unsere Abhängigkeit von fossilen Energien nicht beseitigen können. Wichtig ist in allen Fragen die Sozialverträglichkeit, das haben wir bei der Ablehnung des CO2-Gesetzes gesehen. Beim Wohnen können die Genossenschaften preisdämpfend wirken. Dafür brauchen wir die Unterstützung des Bundes, aber ganz konkret auch der Städte und Gemeinden, insbesondere in Form von Land und Immobilien. Überhaupt die städtische Perspektive: Drei Viertel der Bevölkerung der Schweiz leben in urbanen Regionen, ihren Leistungen und ihren Bedürfnissen möchte ich in der nächsten Legislatur mehr Gehör verschaffen.
«Machtverhältnisse sind zu Ungsten der Mietenden»
Drei Fragen an Manuela Weichelt, Nationalrätin und Vorstandsmitglied Wohnbaugenossenschaften Schweiz.
Wohnen: Für welche Themen haben Sie sich in Ihrer ersten Legislatur im Nationalrat eingesetzt?
Manuela Weichelt: Als Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit standen für mich die Themen Gesundheit und Renten, insbesondere die Umsetzung der Pflege-Initiative und die unsozialen Kopfprämien bei den Krankenkassen, im Zentrum. Als Präsidentin der Subkommission Gerichte/Bundesanwaltschaft der Geschäftsprüfungskommission bearbeitete ich sehr heikle Dossiers im Bereich unserer eidgenössischen Justiz. Daneben setze ich mich für die Bekämpfung der gravierenden Wohnungsnot ein und dafür, dass wir in der Schweiz mehr genossenschaftlichen Wohnungsbau haben.
Welchen Stellenwert hatten wohnungspolitische Geschäfte im Nationalrat, und welche davon gaben am meisten zu reden?
Explodierende Mieten, Not an preisgünstigem Wohnraum, steigende Energiekosten und gleichzeitig riesige Renditen für die Immobilienkonzerne. Die Machtverhältnisse sind zu Ungunsten der Mieter:in-
nen. Dass gemeinnütziger Wohnraum deutlich günstiger ist als der gewinnorientierte Wohnungsbau und die Wohnfläche pro Person deutlich tiefer liegt, findet bei der Mehrheit im Nationalrat kein Gehör. Die Bevölkerung hat es am 22. Oktober in der Hand, dass die Interessen der Mieterschaft und der Genossenschaften einen höheren Stellenwert erhalten.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen der nächsten Legislatur? Welches sind Ihre Ziele?
Covid hat uns gezeigt, wie wichtig der Wohn- und Aussenraum ist. Angesichts des Klimawandels und des Verlusts an Biodiversität brauchen wir Aussenräume, die genügend Schatten und Grünflächen bieten. Bei den Gebäuden ist mir insbesondere der Einsatz erneuerbarer Energien wichtig. Die Solarinitiative der Grünen will zudem erreichen, dass die Schweiz unabhängig von Energielieferungen aus dubiosen Staaten wird. Ein wichtiges Ziel ist auch, den genossenschaftlichen Wohnungsbau zu verdoppeln. Dafür brauchen wir Instrumente wie ein Vorkaufsrecht der Gemeinden für Land oder kantonale Fonds für den Landkauf.