
Heizen mit Holz
Sorgfältige Planung erforderlich
Ob aus eigenem Antrieb oder aufgrund gesetzlicher Auflagen, immer mehr Genossenschaften wollen ihren Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen decken. Holz ist dabei eine anspruchsvolle, aber regionale und ökologisch vorteilhafte Lösung. Die Wohngenossenschaft 1943 Jakobsberg in Basel etwa setzt seit kurzem auf Qualischnitzel.
Von Peter Poldervaart | Bilder: Gruner AG, Waldhauser + Hermann | Juni 2017
Unabhängig von der Energiewende auf nationaler Ebene schreiben heute die beiden Basler und absehbar weitere Kantone bei der Gebäudesanierung vor, dass fünfzig Prozent des Warmwasserbedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden müssen. Für Genossenschaften ist das eine besondere Herausforderung, wie das Beispiel der Wohngenossenschaft 1943 Jakobsberg in Basel zeigt. Bisher wurde die Wärme für die 62 Einfamilienhäuser und die sieben Mehrfamilienhäuser mit 63 Wohnungen zentral mit zwei alten Ölheizkesseln erzeugt und das Brauchwasser mit wohnungseigenen Elektroboilern aufbereitet.
Auf der Suche nach Ersatz wurden verschiedene klimaschonende Lösungen evaluiert, mit wenig Erfolg: Fernwärme etwa bedient in Basel zwar ein dichtes Netz, hat aber noch keinen Zubringer ins Quartier; gegen eine massive Belegung der Dächer mit Solarkollektoren als ergänzender Energie sprachen Vorbehalte der Denkmalpflege, zudem wäre diese Lösung regeltechnisch sehr aufwendig gewesen. Somit blieb die Option, den heute in jedem Haus stehenden Elektroboiler durch ein mit Wärmepumpen unterstütztes Gerät zu ersetzen. «Doch wir waren skeptisch. Denn es ist bekannt, dass es bei unserer dichten Bauweise bei Wärmepumpen zu störenden Brummgeräuschen kommen kann», legt der Vizepräsident der Genossenschaft, Dieter Ganzmann, die Überlegungen dar.
Innovatives Konzept überzeugt Behörde
Immerhin, die Genossenschaft hatte 2001 bei der Sanierung der Gebäudehülle der Einfamilienhäuser nicht gekleckert und so den Wärmebedarf halbiert. Für die Heizung (Generalplanung: Gruner AG) wäre Erdgas eine Option gewesen. Doch Gabriel Borer vom Ingenieurbüro Waldhauser + Hermann AG im nahen Münchenstein tüftelte eine aussergewöhnliche Kombination aus: Seit diesem Winter sorgen zwei 240-kW-Holzheizkessel während der Heizperiode nicht nur für Behaglichkeit in der ganzen Siedlung, sondern wärmen bei den Einfamilienhäusern auch das Brauchwasser vor. Das Nachheizen auf die gewünschten Temperaturen erfolgt elektrisch. Von Mai bis Oktober wird die Heizung allerdings manuell ausser Betrieb genommen. In der warmen Jahreszeit wird das Brauchwasser somit weiterhin ausschliesslich durch die energiepolitisch verpönten Elektroboiler aufbereitet.
«Streng nach Gesetz wäre das nicht zulässig», führt Gabriel Borer aus. Doch man habe die Kombination dem kantonalen Amt für Umwelt und Energie vorgelegt und grünes Licht bekommen – aus gutem Grund: Indem im Winter nicht nur der gesamte Heizwärmebedarf, sondern auch ein guter Teil der Brauchwasserwärme mit dem CO₂-neutralen, aus der Region stammenden Energieträger Holz erzeugt wird, ist der positive Umwelteffekt deutlich besser, als dies mit einer Kombination von Gas für Raumwärme und Wärmepumpe für Brauchwasser möglich gewesen wäre. Voraussetzung war allerdings eine Spezialanfertigung neuer Boiler, damit diese in der Heizperiode möglichst viel Wärme vom zentralen Holzbrenner übernehmen und nicht etwa ungewollt den Nahwärmeverbund elektrisch aufheizen. Um auch die in die Boiler eingespeiste Holzwärme verbraucherabhängig abzurechnen, sind die neuen Geräte mit Zählern ausgerüstet.

Blick in das Schnitzelsilo. Zeigt der Sensor im Bunker an, dass die Schnitzel knapp werden, wird direkt der Lieferant benachrichtigt. Abgerechnet wird pro Kilowattstunde Leistung.
Regionale Energiequelle Qualischnitzel
Anfangs stand eine Pelletfeuerung zur Diskussion. Allerdings sind Holzpellets etwas teurer als Holzschnitzel, zudem ist der inländische Bedarf derzeit so gross, dass ein Drittel aus Deutschland, Österreich und Italien importiert werden muss. Schnitzel sind dagegen regional verfügbar. Gabriel Borer riet zum etwas besseren, weil trockeneren und punkto Stückigkeit normierten Produkt Qualischnitzel.
Ein Lieferant aus dem Baselbiet liefert nun während der Heizperiode je nach Bedarf alle ein oder zwei Wochen mehrere Tonnen an, wobei die Schnitzel per Gebläse in den im früheren Öltankraum untergebrachten Siloraum geführt werden. Der gleiche Lieferant nimmt auch die Asche mit und entsorgt sie korrekt. «Statt einfach Schnitzel zu kaufen, haben wir mit dem Händler einen Fünfjahresvertrag abgeschlossen. Dabei wird nicht die Liefermenge, sondern die damit erzeugte Wärme abgerechnet», erklärt Dieter Ganzmann. So hat auch der Lieferant ein Interesse daran, möglichst gutes, energiereiches Brennmaterial zu liefern. Ein Sensor im Bunker meldet dem Schnitzelhändler, wenn das Material zur Neige geht.
Luftreinhaltung als Knacknuss
In der eben zu Ende gegangenen Heizperiode hatten die Betreiber fast bis zuletzt mit einem Problem zu kämpfen: Die erforderlichen Abgaswerte konnten trotz Elektropartikelabscheider nicht erreicht werden. Es brauchte etliche Nachbesserungen seitens des Herstellers, damit die bei der Holzverbrennung entstehenden Feinstaubpartikel unter den gesetzlichen Grenzwert reduziert werden konnten. «Die Mängel mussten auch deshalb zügig beseitigt werden, weil die Genossenschafterinnen und Genossenschafter reklamierten, als sich der Schnee schwarz färbte», so Gabriel Borer. Als Projektleiter war er damals froh, dass er sich auf Experten des Qualitäts-Management-Systems QM Holzheizwerke abstützen konnte, die halfen, die Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung einzuhalten. Die Begleitung und Abnahme durch QM Holzheizwerke war auch Bedingung dafür, dass die Genossenschaft rund 100 000 Franken Zuschüsse von der öffentlichen Hand für diese Holzheizung erhält, dies bei Totalkosten von 1,5 Millionen Franken. Ein beachtlicher Teil dieser Summe entfiel auf die Vergrösserung des bestehenden Heizraums.
Für Gabriel Borer ist das Projekt eine Bestätigung dafür, dass Holzheizungen besonders sorgfältig geplant werden müssen: «Eine Holzheizung dieser Grösse ist deutlich anspruchsvoller als eine Gas- oder Ölheizung.» Weiter muss man vorausschauend konzipieren, etwa die Betriebsräume grosszügig dimensionieren, damit der Unterhalt der Anlage möglichst einfach ausführbar ist. Und schliesslich ist zentral, dass die Betroffenen – in diesem Fall die Genossenschafter – hinter dem Projekt stehen. «Dafür müssen sie regelmässig über den Stand der Planungen informiert werden», unterstreicht Dieter Ganzmann.
Details hemmen den Betrieb
Dass Holzheizzentralen anfällig auf Kinderkrankheiten sind, zeigt auch das Beispiel der Allgemeinen Baugenossenschaft Urdorf (ABU). «Wir wählten Pellets, da sie im Gegensatz zu Holzschnitzeln eine gleichbleibende Qualität garantieren, was weniger Betriebsstörungen nach sich ziehen sollte», sagt ABU-Verwalter Hans Peter Wyss. Trotzdem fand sich wenige Monate nach der Betriebsaufnahme Wasser im erdverlegten Pelletspeicher. Das führte zu einem Verklumpen der Pellets. Ob es sich um Kondenswasser oder um eindringendes Wasser handelt, sollen jetzt Abklärungen zeigen.
Ein zweites, unerwartetes Problem sind Schäden am Schlauch, in dem die Pellets aus dem Speicher zum Kessel gesaugt werden. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit wird das Heizmaterial zu Geschossen, die in den Biegungen des Schlauchs so hart auftreffen, dass dieser bereits ersetzt werden musste. «Nun haben wir für ein qualitativ besseres Schlauchmaterial gesorgt und die Kurven weiter gelegt», beschreibt Hans Peter Wyss die Schadensbehebung. Generell rät er, die Linienführung der Schläuche möglichst kurvenarm zu planen und auf eine gute Zugänglichkeit aller Anlagenteile zu achten. Schliesslich sei es ratsam, sich nach Firmen mit einschlägigen Referenzen umzusehen: «Hätten wir das getan, hätten wir für unsere 33 Wohnungen nicht einen 70-kW-Kessel beschafft, sondern die Leistung auf zwei Öfen verteilt.» Während der eine die ganze Heizperiode über laufen würde, könnte der zweite die Spitzen abdecken, so liessen sich Heizmaterial und Kosten sparen.
«Läuft einwandfrei seit 2004»
Zufrieden mit der Holzheizung ist hingegen Markus Kümin, Hauswart der Baugenossenschaft Freiblick in Zürich. Die erste Holzschnitzelheizung wurde 2004 für 120 Wohnungen in Betrieb genommen, die zweite Anfang 2017 für die Siedlung Sonnhalde mit 70 Wohnungen und zwei Gewerberäumen. «Nach den normalen Startschwierigkeiten läuft jetzt alles einwandfrei», so Markus Kümin. Jene Anlage, die mitten in der Siedlung steht, wird mit getrockneten Schnitzeln beschickt, um die Abgasimmissionen so tief wie möglich zu halten; bei der anderen setzt man auf die etwas günstigeren gewöhnlichen Holzschnitzel. Beide Heizungen werden im Facility-Contracting betrieben, die Genossenschaft bezahlt also pro bezogene Kilowattstunde. Für Schnitzel habe man sich aus ökologischen Gründen entschieden: «Unser Heizmaterial muss nicht, wie das bei Pellets der Fall ist, aufwendig aufbereitet werden. Und es stammt aus regionalen Wäldern im Umfeld von höchstens fünfzig Kilometern.»
Mehr Geld für Holzenergie
Wer auf Holzenergie setzt, kann Zuschüsse erhalten. Bisher variierte die Höhe der Beiträge je nach Kanton stark. Seit Anfang 2017 haben sich etliche Kantone dem harmonisierten Fördermodell angeschlossen und ihre Beitragsmodalitäten angepasst. Das führt zu einer Vereinheitlichung, bei einigen Kantonen wie Bern oder Waadt auch zu einer höheren Unterstützung für Holzheizungen. Zudem wurden die Abläufe zur Einreichung eines Beitragsgesuchs vereinfacht. Je nach Art der Anlage kann es interessanter sein, ein Projekt bei der Stiftung Klimaschutz und CO₂-Kompensation (KliK) anzumelden – ein Gesuch bei mehreren Stellen ist aber nicht möglich.
Tipps für die Holzheizung
- Pellets oder Schnitzel? Im Betrieb sind Pellets allenfalls etwas unproblematischer, weil genormt. Allerdings kosten sie mehr, und der Bedarf kann nur mit Importen gedeckt werden. Holzschnitzel gibt es in unterschiedlichen Qualitäten.
- Liefervertrag prüfen: Statt selbst Brennmaterial zu kaufen, empfiehlt sich ein Vertrag mit einem Lieferanten, der die Wärmeleistung in Rechnung stellt.
- Leistung splitten: Zwei kleinere Kessel statt eines grossen ermöglichen es, in der Übergangszeit einen Brenner ausser Betrieb zu nehmen. Zudem besteht bei Ausfällen ein Backup.
- Grosszügig dimensionieren: Heizungsräume lieber zu gross als zu klein planen. So kann etwa bei einer Verschärfung der Luftreinhaltegrenzwerte die Abgasreinigung nachgerüstet werden.
- Feinstaub: Auch wenn der Planer keine Partikelabscheider vorsieht, können solche Filter im Interesse der Anwohnenden Sinn ergeben.
- Referenzen beschaffen: Holzheizungen sind bis zum reibungslosen Betrieb aufwendiger als Gas- oder Ölheizungen. Es lohnt sich, Erfahrungen einzuholen.