Martin Bachmann,
Rechtsdienst
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Aufgepasst beim Abschluss eines Generalunternehmervertrages: Bisweilen sieht der vorgelegte Vertrag vor, dass die Haftung für Mangelfolgeschäden wegbedungen ist.
Gerade bei Neubauten zieht der Bauherr oftmals einen Generalunternehmer bei. Dieser übernimmt die gesamte Bauausführung nach den Plänen des Architekten. Für gewöhnlich führt der Generalunternehmer selber nicht sämtliche Arbeiten aus, sondern übergibt einen Teil der übernommenen Arbeiten an verschiedene Subunternehmer. Der Bauherr schliesst aber einzig mit dem Generalunternehmen einen Vertrag ab, der dem Recht des Werkvertrages untersteht.1 Damit überträgt der Bauherr die Beauftragung, die Organisation und die Koordination der einzelnen Teilleistungen einem einzigen professionellen Vertragspartner.2
Das Obligationenrecht (OR) regelt den Werkvertrag im Besonderen in den Art. 363–379. Davon kann insoweit abgewichen werden, als die gesetzlichen Bestimmungen nicht als zwingend angesehen werden müssen.3 In der Praxis spielen denn auch private Regelwerke eine zentrale Rolle. Zu nennen sind Norm SIA 118 (2013 bzw. 1977/1991) und das Vertragsmuster für einen Generalunternehmer- Werkvertrag des Vereins «Entwicklung Schweiz» einschliesslich der Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB; aktualisierte Ausgabe 2015).4 Nebst den Vereinbarungen im eigentlichen Werkvertrag kommt also stets eine Vielzahl weiterer Regelun gen zur Anwendung. Dabei wird meist eine Rangfolge festgelegt. Grundsätzlich werden Baubeschrieb oder Leistungsverzeichnis, Pläne, Bauprogramm und Zahlungsplan als vorrangig anwendbare Vertragsbestandteile bezeichnet, erst danach sind die Bestimmungen der Norm SIA 118 und vom Gesetz anzuwenden.5 Die einschlägigen Regeln zu Bauabnahme und Mängelhaftung finden sich in Ziff. 33–36 AVB zum Generalunternehmermustervertrag, Art. 157–180 SIA-Norm 118 und Art. 367–371 OR.
In Berücksichtigung der Regelung rund um den Generalunternehmermustervertrag erfolgt die Abnahme des Bauwerks bei Bereitschaft zur Ingebrauchnahme. Der genaue Zeitpunkt wird dem Bauherrn vom Generalunternehmer mindestens Tage im Voraus angezeigt (Ziff. 33.1 AVB). Wird anlässlich der Bauabnahme ein Mangel festgestellt, so kann der Bauherr zuerst einzig Nachbesserung verlangen (Ziff. 33.6 AVB). Die Rügefrist beträgt zwei Jahre, gerechnet ab Bauabnahme (Ziff. 35.1). Diese Regelung steht im Gegensatz zum Regime der Sofortrüge gemäss OR.6 Inhaltlich muss die Rüge sachgerecht substantiiert sein, zumindest sind die Mängel genau anzugeben, und es muss zum Ausdruck gebracht werden, dass der Bauherr das Werk nicht als vertragsgemäss anerkennen und den Unternehmer haftbar machen will.7
Zum Nachbesserungsrecht tritt der Anspruch auf Schadenersatz hinzu. Dabei geht es namentlich um den Ersatz von Mangelfolgeschäden. Darunter ist ein Vermögensschaden zu verstehen, der zwar durch den Mangel verursacht wird, jedoch trotz Nachbesserung bestehen bleibt.8 Als Mangelfolgeschäden gelten etwa der Betriebs- und Mietzinsausfall sowie Gutachterkosten und vorprozessuale Anwaltskosten.9 Das Recht des Bauherrn auf Ersatz des Mangelfolgeschadens setzt ein Verschulden des Unternehmers voraus. Dieses hat nicht der Bauherr zu beweisen, sondern das Verschulden wird analog Art. 97 OR vermutet. Will sich der Unternehmer von der Haftung für Mangelfolgeschäden befreien, hat er zu beweisen, dass ihn keinerlei Verschulden trifft.10 Sowohl nach Gesetz (Art. 368 Abs. 2 OR) als auch nach Norm SIA 118 (Art. 171) kann Schadenersatz wegen Mangelfolgeschäden geltend gemacht werden. In den AVB zum Generalunternehmermustervertrag (Ziff. 34.5) wird indes die Haftung für Mangelfolgeschäden ausgeschlossen. Sie gilt lediglich im Fall einer individuellen vertraglichen Vereinbarung. Jeder Bauherr tut also gut daran, eine entsprechende Klausel in den Vertragstext aufzunehmen.