
Wohnbaugenossenschaft für Bundespersonal in Brugg (AG) sanierte umfassend
Im zweiten Anlauf waren die Mitglieder zufrieden
Die Siedlung Müllermattstrasse benötigte eine umfassende Sanierung, die den Auszug der Bewohnerschaft nötig machte. Das erforderte von den Verantwortlichen bei der Wohnbaugenossenschaft für Bundespersonal in Brugg viel Feingefühl. Dank grosszügigen Übergangslösungen sind nun aber alle zufrieden, wenn auch mit einer abgespeckten Lösung.
Von Thomas Bürgisser | Bilder: Thomas Bürgisser, Liechti Graf Zumsteg | April 2020
«Es ist super geworden», meint eine Genossenschafterin während der Wohnungsbesichtigung. Und eine zweite sagt: «Schreiben Sie unbedingt, wie gut der Vorstand mit uns umgegangen ist.» Die Wohnbaugenossenschaft für Bundespersonal in Brugg (WBG Brugg) bekommt ein durchwegs positives Zeugnis ausgestellt für die Sanierung ihrer Überbauung Müllermattstrasse in Brugg (AG). Zwar fehlt es da noch an einer Schwelle, dort schliesst die Türe mühsam – und mancherorts gibt die Küchenabdeckung zu reden. Gemessen am Sturm der Entrüstung, welcher der WBG Brugg vor sechs Jahren entgegenschlug, sind das allerdings Kleinigkeiten.
Damals überraschte der Vorstand an der Generalversammlung mit dem Antrag für einen Planungskredit. Dem vorausgegangen war eine externe Renovationsanalyse der Genossenschaftsimmobilien: vier Siedlungen mit insgesamt 204 Wohnungen, allesamt mit Baujahr in den 1950er- bis 1970er-Jahren, finanziert über Bundesdarlehen und grösstenteils auf Land des Bundes. «Brugg ist ein grosser Militärstandort, und auch die Post, die SBB und andere Bundesbetriebe sind in der Region ansässig», erzählt Louis Schneller, Präsident der WBG Brugg. Für deren Mitarbeitende günstigen Wohnraum zu schaffen, war das Ziel bei der Genossenschaftsgründung 1954.

Blick auf die Eingangsseite.
Steiniger Weg zum Projektierungskredit
Über die Jahre hinweg renovierte die WBG Brugg immer wieder im Kleinen: Bei den drei Mehrfamilienhäusern mit 26 Dreieinhalb- und 36 Viereinhalbzimmerwohnungen an der Müllermattstrasse wurde zum Beispiel 1985 die Fassade saniert, rund zehn Jahre später gab es neue Küchen, jedoch ohne Leitungen auszuwechseln. Auch deshalb mehrten sich nun Wasserschäden, weshalb gemäss der Expertise dringendst saniert werden musste. Der Vorstand lud 2013 drei Architekturbüros ein, ihre Vorschläge für jeweils eine sanfte und eine tiefergehende Sanierung sowie einen Ersatzneubau einzureichen. «Letzterer fiel jedoch schnell aus dem Rennen, weil die Ausnützungsziffer bereits ausgeschöpft war», so Louis Schneller. Vielmehr favorisierten er und seine Vorstandskolleginnen und -kollegen eine Renovation mit Grundrissveränderungen, auch weil sich die Eingriffstiefe aufgrund der geforderten Erdbebensicherheit so oder so als beachtlich abzeichnete. Dabei hätte man zugunsten von grösserem Wohnraum sogar auf einzelne Wohnungen ganz verzichtet. Doch dann kam die Generalversammlung 2014.
«Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir die Genossenschafter noch nicht informiert. Das war ein Fehler», blickt Louis Schneller zurück. So wurde dem Planungskredit zwar zugestimmt – «wohl aber eher unter Schock», meint der Präsident. Und auch Bruno Bruschetti, Vorstandsmitglied, Projektleiter und zu jenem Zeitpunkt selber Mieter an der Müllermattstrasse, erinnert sich: «Im Nachgang kam es in der Überbauung zu sehr emotionalen Szenen, viele langjährige Mieter fühlten sich übergangen und bedroht. Und unseren Beteuerungen, alles mieterfreundlich zu gestalten, wurde kaum Glauben geschenkt.» Der Widerstand ging so weit, dass die Mitglieder im gleichen Jahr eine ausserordentliche Generalversammlung für einen Projektierungskredit verhinderten.
Grosszügige Lösungen
Erst nach vielen persönlichen Gesprächen genehmigten sie 2015 an der ordentlichen Generalversammlung dann doch noch die nötigen Mittel – jedoch nur für eine abgespeckte Variante ohne Grundrissveränderungen und in Verbindung mit einem Sozialvertrag, in dem bereits Übergangslösungen verbindlich festgehalten wurden. Für einen definitiven Auszug etwa wurden demnach 4000 Franken Entschädigung in Aussicht gestellt, für eine eigene Übergangslösung während der sechs Monate Bauphase sollten 2000 Franken sowie die Kosten für die Möbeleinlagerung erstattet werden. Wer aber bleiben wollte, erhielt eine Übergangswohnung mit bezahlten Umzugskosten zugesichert. Die nächsten zwei Jahre handelte man mit dem Bund einen neuen Baurechtsvertrag aus, erarbeitete detaillierte Pläne und liess diese vom Bundesamt für Wohnungswesen absegnen. Dazu ist die WBG Brugg weiterhin verpflichtet, auch wenn das Projekt nun nebst 1,85 Millionen Franken aus dem Fonds de Roulement erstmals über Bankkredite finanziert wurde. Für die Ausführung beauftragte man ausserdem ein Generalunternehmen. «Für uns als ehrenamtlichen Vorstand wäre das sonst zu viel geworden», begründet Louis Schneller.
Vielmehr wollte man sich nun ganz auf die Genossenschafter konzentrieren: Für sie führte man jetzt Infoabende durch, besuchte sie zuhause, besprach die Übergangslösungen. Gleichzeitig setzte die WBG Brugg ab 2015 bei leerwerdenden Wohnungen auf befristete Mietverträge. «So hatten wir bis zum Start 2017 wie im Sozialvertrag versprochen genügend Ausweichwohnungen für die vier Etappen», erklärt Bruno Bruschetti. Rund die Hälfte der Bewohnerschaft entschied sich für eine solche interne Lösung – darunter viele Mieter, die schon seit dreissig, vierzig Jahren in der Überbauung wohnen. Besonders sie freuen sich nun über die neuen Lifte. Bisher gab es einen solchen nur in einer Liegenschaft, nun wurden neue Liftschächte dazu genutzt, die behördlichen Vorschriften zur Erdbebensicherheit zu erfüllen.

Der Balkon wurde leicht verbreitert. Dank neuer, offener Balkonbrüstung und raumhohen Fenstern gibt es mehr Licht in den Wohnungen.
Heller Innenausbau, gleicher Energieträger
In den Wohnungen selbst wurden mit Blick auf die Rollstuhlgängigkeit der Zugang zum Badezimmer sowie das Badezimmer selbst leicht verbreitert. Eine zweite kleine Grundrissveränderung findet sich im Wohnzimmer. Hier gibt es neu ein raumhohes Fenster, wofür ein Radiator verlegt wurde. Den freiwerdenden Platz nutzte man, um das Fenster zugunsten eines breiteren Balkons um 36 Zentimeter nach innen zu versetzen. Die neue, lichtdurchlässige Balkonbrüstung sorgt zusätzlich für mehr Licht. Unterstützt wird die helle Atmosphäre durch einen frischen Anstrich sowie das durchgehende Eichenparkett, während sich im Badezimmer ein Kautschukboden findet.
In der Hälfte der Wohnungen setzt die WBG Brugg neu auf Duschen, weiterhin ganz verzichtet wird auf Waschtürme in den Wohnungen. Ein Geschirrspüler hingegen gehört nun zum Standard. Allgemein präsentiert sich die Küche im modernen Look, wenn auch nicht in allen Liegenschaften gleich. So wurde bei den ersten 32 Küchen heller Granit für Rückwand und Arbeitsplatte gewählt. Dieser stellte sich jedoch schnell als enorm pflegeintensiv heraus, weshalb man für die restlichen Wohnungen anderen Granit einsetzte. Zurzeit wird noch abgeklärt, ob Ersterer ausgetauscht werden soll und wer die Kosten dafür trägt. Ansonsten aber verlief alles mehrheitlich pannenfrei, sowohl im Innenausbau wie auch bei der Aussenhülle. Diese wurde mit zusätzlichen 17 Zentimetern gedämmt, so dass es Förderbeiträge aus dem Gebäudeprogramm gab. Im Gegensatz zu den Wasser- und Elektroleitungen wurde die Wärmeverteilung aber belassen. Gleich wie der Energieträger: «Die Ölheizung ist fünf Jahre alt und tut ihren Dienst noch», meint Louis Schneller. Man habe jedoch Vorbereitungsarbeiten getroffen, um später allenfalls Warmwasser mittels Solarthermie zu gewinnen – «im Moment fehlte uns dafür aber schlicht der Speicherplatz».
Mietzinserhöhung ohne Murren
Die letzte Bauetappe fand 2019 ein Ende, gleich wie die Umgebungsarbeiten – unter anderem gab es einen neuen Spielplatz. Von den ursprünglich budgetierten 15 Millionen Franken blieb sogar noch etwas übrig, um einen neuen Gemeinschaftsraum auszustatten. «Wir hoffen, dass damit die Überbauung wieder etwas mehr belebt wird», führt Bruno Bruschetti aus. So hätten der Umzug einiger Mieter ins Altersheim und die Neuvermietung der Wohnungen auch zu einer Verjüngung geführt. Allgemein sei die Neuvermietung kein Problem gewesen, gleich wie der Mietaufschlag um 280 auf 1012 Franken beziehungsweise um 310 auf 1144 Franken Bruttomiete. Hinzu kommen Heizakontokosten von 75 bis 95 Franken, bei denen man sich noch rund 20 Prozent Einsparung erhofft.
«Niemand hat sich über die Mietzinserhöhung beklagt. Stattdessen gab es viel Lob für die Umbauarbeiten und die getroffenen Abfederungsmassnahmen», freut sich Louis Schneller. Aber man habe nun ja auch das umgesetzt, was die Genossenschafter wollten. «Und wir haben sie vor allem sehr eng begleitet, viele persönliche Gespräche geführt. Etwas, das wir bei unserem nächsten Projekt bestimmt frühzeitiger machen würden.»
Baudaten
Bauträgerin:
Wohnbaugenossenschaft für Bundespersonal, Brugg
Architektur:
Liechti Graf Zumsteg, dipl. Architekten
ETH/SIA, Brugg
Generalunternehmung:
Steiner AG, Luzern
Umfang:
3 MFH, 62 Wohnungen, Gesamterneuerung innen und aussen
Baukosten (BKP 1–5):
15 Mio. CHF total
241 935 CHF/Wohnung
Mietzinsbeispiele:
3 ½-Zimmer-Wohnung:
669 CHF alt, 919 CHF neu
(plus 63 CHF NK alt, 93 CH NK neu
und 75 CHF Akonto-Heizkosten)
4 ½-Zimmer-Wohnung:
771 CHF alt, 1051 CHF neu
(plus 63 CHF NK alt, 93 CHF NK neu
und 95 CHF Akonto-Heizkosten)